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DOI: 10.1055/s-2003-815160
Dosis-Wirkungs-Beziehungen klinisch etablierter Zytostatika bei primären Mamma- und Ovarialkarzinomen: Sind ultrahohe Dosierungen tumorbiologisch sinnvoll?
Zielsetzung: Dosis-Intensivierung ist ein vielversprechendes Konzept in der zytostatischen Behandlung des Mamma- (MC) und Ovarialkarzinoms (OC). Über das klinisch optimale Ausmaß der Dosiseskalation existieren aber, insbesondere bei Nativtumoren, nur unvollständige Vorstellungen. In der vorliegenden Arbeit berichten wir über eine neues nicht-lineares Analyseverfahren kumulativer Dosis-Wirkungs-Beziehungen (DWB) klinisch etablierter Zytostatika beim primären MC und OC, basierend auf einem Ex-vivo-Modell.
Methoden: Insgesamt standen beim MC 836 und beim OC 979 Einzeltestungen für die Analyse zur Verfügung. Untersucht wurden beim MC: Doxorubicin (DOX), Epirubicin (EPI), Mitoxantron (MX), Paclitaxel (PCT), 4-OOH-Cyclophosphamid (4-HC), Cisplatin (DDP), 5-Fluorouracil (5-FU), Methotrexat (MTX) und Vincristin (VCR), beim OC: DDP, Carboplatin (CBDCA), 4-HC, Treosulfan (TREO), DOX, MX, Etoposid (VP-16), PCT, Cytarabin (ara-C), Gemcitabin (dFdC) und Topotecan (TPT). Alle Testungen erfolgten im ATP-TCA, jede Substanz wurde über einen Bereich von 1,5 log unter Anwendung therapeutischer und supratherapeutischer Konzentration untersucht. Für jedes Zytostatikum und jeden Tumor wurden individuelle DWB-Kurven erstellt, die dann unter Anwendung eines neu entwickelten nicht-linearen Regressionsmodells in kumulative DWB-Kurven für das Ansprechen auf dem IC50- und IC90-Niveau überführt wurden.
Ergebnisse: (a) Beim MC führten nur PCT sowie Interkalanzien im untersuchten Dosisspektrum bei mehr als 50% der Tumoren zu einer Inhibition >90%. Weder auf dem IC90- noch auf dem IC50-Niveau wurden für eine der Substanzen lineare DWB über den gesamten getesteten Bereich ermittelt, die DWB-Kurven zeigten eher einen sigmoidalen oder paraboloiden Verlauf mit z.T. ausgeprägten Plateau-Effekten ab dem Bereich der jeweiligen Plasmaspitzenkonzentrationen (PSK). (b) Beim Ovarialkarzinom ergab sich ein ähnliches Bild, auch hier waren die DWB durchwegs nicht-linear, ein Abflachen der DWB-Kurven konnte in einem Bereich von 75–150% der PSK beobachtet werden, bei ara-C und dFdC wurde trotz steilem Anstieg der Kurve im Niedrigdosisbereich ab 50% PSK überhaupt keine Wirkungssteigerung erzielt. PCT und 4-HC waren beim OC die einzigen Substanzen mit einem Ansprechen >50% auf dem IC90-Niveau.
Zusammenfassung: Weder beim MC noch beim OC konnten für die untersuchten Substanzen lineare DWB nachgewiesen werden. Das Eskalationsoptimum wurde in der Regel in einem Konzentrationsbereich erzielt, der bereits mit einer mäßigen Steigerung der klinischen Standard-Dosierung zu erreichen ist. Ultrahohe Konzentrationen sind kaum mit einer adäquaten Wirkungssteigerung verbunden. Während sich bisherige dosisintensivierte Protokolle beim MC und OC meist an der Beherrschung der zu erwartenden Toxizität orientieren, könnte das hier vorgestellte Modell zu Etablierung einer an der Tumorbiologie orientierten dosisoptimierten und nicht-maximierten Chemotherapie beitragen.