Zusammenfassung
Fast 46 % der insgesamt rund 25 000 ausländischen SchulabgängerInnen an Berufskollegs
haben 2001 in Nordrhein-Westfalen das Berufskolleg ohne Abschluss verlassen. Dieser
alarmierende Befund, der bundesweit zu beobachten ist, wirft die Frage auf, welche
Bedingungen prägend sind für die Schullaufbahnen von Kindern und Jugendlichen aus
Zuwandererfamilien und welche Bedingungen über ihren Schulerfolg mitentscheiden.
Ein wesentlicher Einfluss ging von der Annahme aus, dass sich mit zunehmender Länge
der Aufenthaltsdauer der Migrantenfamilien in der Bundesrepublik die Integrationsprobleme
„auswachsen” würden; folglich würde Kindern aus Zuwandererfamilien die ungehinderte
Zugangsmöglichkeit zu den Bildungsinstitutionen automatisch schulischen Erfolg verschaffen.
Diese Erwartung hat weitgehend verhindert, den Unterricht an den spezifischen Bedürfnissen
der Kinder auszurichten. Außerschulische Unterstützungsmaßnahmen, wie z. B. Hausaufgabenhilfen,
waren und sind gedacht als Ergänzung und Unterstützung für einen Schulbetrieb, dessen
Tauglichkeit und Funktionalität für die Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen
mit Migrationshintergrund nicht infrage gestellt wurden, außer in Einzelprojekten
mit Modellcharakter.
Eben diese Modelle belegen, dass alle Kinder, ausländische wie deutsche, von einem
Unterricht profitieren, der sich auf die interkulturellen Gegebenheiten in der Schulklasse
einstellt statt sie zu verleugnen.
Jugendärztliche Dienste können die Prozesse innerer Schulreformen wesentlich unterstützen,
indem sie den Zusammenhang zwischen der Überforderung der Migrationsfamilien durch
die tradierte Unterrichtsgestaltung und den dadurch bedingten Störungen der Leistungsfähigkeit
aufzeigen und darüber aufklären, dass die Entwicklung eines Kindes beeinträchtigt
werden kann, wenn seine in der Migrationsfamilie angelegten sprachlichen und kulturellen
Lernprozesse durch die Schule ignoriert werden.
Abstract
Almost 46 % of the foreign pupils leaving vocational training colleges do not take
their final exams. This alarming trend, which can be observed nationwide, raises the
question as to which conditions are crucial for the school career of children and
teenagers of immigrant families and which conditions affect their success at school.
Attitudes have been influenced by the assumption that by extending the length of stay
of the immigrant families the problems of integration would diminish; consequently
it could be assumed that unhindered access to the institutions of education would
automatically promise success.
This expectation is mainly responsible for the fact that teaching has not been aligned
with the specific needs of these children. Extracurricular support, e. g. like helping
with the homework, was seen as a completion of and support for a school system which
was considered apt for teaching children from other ethnic backgrounds and was not
questioned except for special model projects.
Precisely these model projects demonstrated that all children, both foreign and German,
profit from a way of teaching which has been adjusted to the intercultural conditions
of a class rather than denying them.
Health care services for youngsters can essentially support the process of internal
school reforms as doctors point out the excessive demands on the immigrated families
by traditional teaching, which actually impairs the efficiency of performing well
at school. Furthermore, health care can also explain that the proper development of
a child can be impaired if its specific learning structures - based on the linguistic
and cultural background - are ignored by the school.
Schlüsselwörter
Sprachentwicklung - Schullaufbahn - Zweisprachigkeit - Migrantenkinder
Key words
Language development - bilingualism - school career - migrant children