Klinische Neurophysiologie 2004; 35(1): 3-4
DOI: 10.1055/s-2003-812584
Geleitwort
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Geleitwort zur deutschen Übersetzung von „Glossary of Terms Most Commonly Used in Clinical Electroencephalography” von Noachtar S, Binnie C, Ebersole J, Mauguière F, Sakamoto A, Westmoreland B

Foreword to the German Translation of „Terms Most Commonly Used in Clinical Electroencephalography” by Noachtar S, Binnie C, Ebersole J, Mauguière F, Sakamoto A, Westmoreland BS.  Noachtar1 , R.  Besser2
  • 1Neurologische Klinik und Poliklinik, Klinikum Großhadern, Universität München
  • 2Neurologische Klinik, Klinikum Krefeld
Further Information

Publication History

Publication Date:
02 March 2004 (online)

Die Internationale Föderation der Gesellschaften für Klinische Neurophysiologie (IFCN) hat kürzlich eine Empfehlung herausgegeben, die sich mit der Terminologie der klinischen Elektroenzephalographie beschäftigt [1]. Sie ist Bestandteil eines umfassenden Empfehlungskataloges, der die verschiedenen Bereiche der Klinischen Neurophysiologie umfasst. Die letzte Empfehlung für eine EEG-Terminologie der IFCN stammte aus dem Jahr 1974 [2]. Dem Internationalen Charakter des Vorgehens entsprechend war auch diese Empfehlung englisch verfasst. Ein deutsches Glossar häufig gebrauchter elektroenzephalographischer Fachausdrücke hatte J. Kugler in ein EEG-Lehrbuch integriert [3]. Dieses Glossar beruhte größtenteils auf den Vorschlägen der IFCN (1974) und eines Ausschusses der Deutschen EEG-Gesellschaft (B. Bätz, H. Doose, G. Dumermuth, H. Heintel, R. Hess, St. Kubicki, J. Kugler, H. Penin, H. Petsche, H. Rieger, E. Scherzer, E. J. Speckmann, H. D. Weigelt, H. M. Weinmann). Es war jedoch nicht offiziell von der IFCN autorisiert. Seitdem hat manche Neuerung in die klinische Elektroezephalogaphie Einzug gehalten, wie z. B. das digitale EEG. Die aktuelle, 1999 veröffentliche englische Empfehlung zur EEG-Terminologie [1] wurde in der vorliegenden Fassung ins Deutsche übertragen und soll im Folgenden kurz für den deutschsprachigen Leser kommentiert werden.

Vor dem Hintergrund internationaler Bestrebungen, die Terminologie in vielen Sprachregionen zu strukturieren, sind lokale, in der deutschen Tradition verwurzelte Besonderheiten, nicht in der Empfehlung abgebildet. Mancher wird daher vertraute Begriffe vermissen oder als obsolet bezeichnet finden, die im Deutschen zwar üblich, in anderen Regionen aber ungebräuchlich sind oder gänzlich fehlen. Auf solche lokalen Besonderheiten zu verzichten, ist der Preis, den man zahlt, wenn man sich über Grenzen hinweg verständigen will. Darüber hinaus ist es auch das Ziel einer Internationalen Empfehlung für EEG-Terminologie, eine systematische Vorgehensweise des Faches zu fördern.

Sofern mit Begriffen unterschiedliche pathophysiologische Konzepte verbunden sind, wurde jeweils dem Begriff der Vorzug gegeben, der den heutigen Kenntnisstand widerspiegelt. Mancher historische Begriff (z. B. psychomotorische Variante), wurde zurückgestellt. Wenn mehrere gleichwertige Begriffe (Synonyme) vorliegen, kann die Bevorzugung eines Begriffs zwar willkürlich erscheinen, ist aber, basierend auf internationalen Gebräuchen, gerechtfertigt und auch erforderlich, um eine verwirrende Begriffsvielfalt zu strukturieren (z. B. rhythmisches temporales τ der Schläfrigkeit statt psychomotorische Variante).

Der Begriff diskontinuierlich wird z. B. in der Internationalen Empfehlung durch den Begriff intermittierend ersetzt. Der Hintergrund hierfür ist, dass negative Formulierung vermieden und neutrale Begriff bevorzugt wurden.

Dysrhythmie ist im Deutschen ein immer noch sehr gebräuchlicher Begriff, obwohl er schon in der Terminologie von 1974 als obsolet bezeichnet worden war. Man soll im Grunde zwischen scharfen Wellen bzw. Spitzen einerseits und Verlangsamungen andererseits unterscheiden, was diagnostisch unterschiedliche Bedeutungen hat und nicht beides miteinander vermengen. Dies geschieht jedoch leicht mit dem Begriff Dysrhythmie. Zudem können Verlangsamungen rhythmisch oder irregulär (arhythmisch, polymorph) sein.

Manche EEG-Muster treten in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen auf. Periodisch ist der hierfür gebräuchliche Begriff. Erweiterungen wie pseudoperiodisch oder quasiperiodisch sollten die unregelmäßige Repetition vermitteln. Die Periodizität im EEG streut um typische Mittelwerte und ist nicht physikalisch exakt, wie sich durch gründliche Analysen zeigt [4]. Somit ist mit dem Begriff periodisch immer eine gewisse Streuung miteinbezogen. Eine untypisch große Streuung könnte durch die Angabe der Streubreite erweitert werden oder sie erfüllt nicht mehr den Begriff der Periodik.

Für die Varianten des okzipitalen α-Grundrhythmus sind im Deutschen die Begriffe τ-EEG-Grundrhythmusvariante oder β-EEG-Grundrhythmusvariante üblich. In der Internationalen Terminologie haben sich aber die Begriffe der langsamen und schnellen α-Grundrhythmusvariante etabliert.

Trotz aller Ungewohntheiten im Umgang mit dieser Terminologie würden wir uns wünschen, dass die deutsche Übersetzung der EEG-Terminologieempfehlung auch unter deutschsprachiger klinischer Neurophysiologie der IFCN zur verbesserten Kommunikation in der Elektroenzephalographie beiträgt.

Literatur

  • 1 Noachtar S, Binnie C, Ebersole J, Mauguiere F, Sakamoto A, Westmoreland B. A glossary of terms most commonly used by clinical electroencephalographers and proposal for the report form for the EEG findings. The International Federation of Clinical Neurophysiology.  Electroencephalogr Clin Neurophysiol. 1999;  Suppl 52 21-41
  • 2 Chatrian G E, Bergamini L, Dondey M, Klass D W, Lennox-Buchthal M, Petersen I. A glossary of terms most commonly used by clinical electroencephalographers.  Electroenceph Clin Neurophysiol. 1974;  37 538-548
  • 3 Kugler J. Elektroenzephalographie in Klinik und Praxis. 3. Auflage. Stuttgart; Thieme 1981
  • 4 Zschocke S. Klinische Elektroenzephalographie. 2. Auflage. Berlin; Springer 2003

PD Dr. S. Noachtar

Neurologische Klinik und Poliklinik · Klinikum Großhadern · Universität München

Marchioninistraße 15

81377 München

Email: noa@nro.med.uni-muenchen.de

    >