Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit Selbsterfahrungsübungen als Methode der
Suchtprävention. Dieser konzeptionelle Ansatz ist in der Suchtprävention relativ jung
und noch nicht sehr weit verbreitet. Es wird erstmalig für diese Art suchtpräventiver
Intervention eine Übersicht zum Stand von Praxis und Forschung gegeben. Neben einer
typologischen Einordnung werden der theoretische Ansatz (soziale Lerntheorie bzw.
die damit verbundene Selbstwirksamkeitstheorie und der wissenschaftliche Kenntnisstand
dargestellt. Das Kernstück bildet jedoch die Darstellung von sieben praktischen Beispielen
aus dem deutschsprachigen Raum: In ihnen geht es beispielsweise um das Einhalten von
Trinkregeln, um Verzichtsübungen oder um Testfahrten unter Alkoholeinfluss.
Über die Effektivität von Selbsterfahrungsübungen kann noch keine abschließende Aussage
getroffen werden. Dafür liegen bislang zu wenige Evaluationsstudien aus diesem Bereich
vor. Die vorhandenen Untersuchungen sind jedoch viel versprechend und deuten darauf
hin, dass diese Art von suchtpräventiver Intervention wirkt und ein vernünftiger Umgang
mit Sucht- und Genussmitteln erlernt werden kann.
Abstract
The paper considers exercises of self-experience as a method to prevent addiction.
The concept is rather new and not yet widespread. This paper is the first overview
on the state of practice and research of this type of intervention. In addition to
a typological classification, we will present the theoretical basis (social theory
of learning and the related theory of self-efficacy) as well as the scientific state
of knowledge. We will mainly present seven examples from German speaking areas concerning
for instance the observation of drinking rules, exercises of renunciation or test
driving under the influence of alcohol. The efficacy of the exercises of self-experiences
cannot yet be evaluated conclusively. A sufficient number of evaluation studies is
not yet available. But those studies that are available so far are promising and indicate
that this type of addiction prevention is efficient and that it is possible to learn
how to handle addiction and pleasure related substances in a sensible way.
Schlüsselwörter
Suchtprävention - Selbsterfahrungsübungen - soziale Lerntheorie - Evaluation
Key words
Addiction prevention - exercises of selfexperience - social theory of learning - evaluation
Literatur
1 Trimbos Institute .Making schools a healthier place. Manual on effective school-based
drug prevention Utrecht; 2002
2 Bandura A. Sozial-kognitive Lerntheorie. Stuttgart; Klett-Cotta 1979
3 Self-efficacy in Changing Societies. In: Bandura A (Hrsg). Cambridge; University
Press 1997
4 Kutza R. Prozessevaluation des schulischen Lebenskompetenzprogramms ALF zur Primärprävention
des Substanzmissbrauches. Dissertation Marburg,; 1998
5 Silbereisen R K, Kastner P. Entwicklung von Drogengebrauch - Drogengebrauch als
Entwicklung?. Oerter R Lebensbewältigung im Jugendalter. Edition Psychologie Weinheim,;
1985
6 Schmidt B. Wie kommt es zum Konsum und Mißbrauch von illegalen Substanzen?. Freitag
M, Hurrelmann K Illegale Alltagsdrogen: Cannabis, Ecstasy, Speed und LSD im Jugendalter
Weinheim; Juventa 1999
7 Kalke J, Raschke P, Lagemann C. et al .Handbuch für die Suchtprävention. Programme,
Projekte und Maßnahmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. In diesem Handbuch
werden 120 Präventionsprojekte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vorgestellt,
die von Praktikern und Wissenschaftlern nach bestimmten Qualitätskriterien zusammengestellt
worden sind. Freiburg i. B.: Lambertus (im Druck).
8 Raschke P, Kalke J. Lernen durch Verzicht. Konzept und Wirkung des suchtpräventiven
Unterrichtsprogramms „Gläserne Schule” Baltmannsweiler; Schneider Verlag Hohengehren
2002
9
Hanewinkel R, Wiborg G.
Primär- und Sekundärprävention des Rauchens im Jugendalter: Effekte der Kampagne „Be
Smart - Don’t Start”.
Gesundheitswesen.
2002;
64
492-498
10 LSSH/KOSS, Landestelle gegen die Suchtgefahren/Koordinationsstelle schulische Suchtvorbeugung
.Jahresbericht 2002. Kiel,; 2003
11 Deutsches Schulamt .Gesundheitsförderung in Kindergarten und Schule. Informationsbroschüre
Bozen,; 2002
12 Klingemann H, Sobell L, Barker J. et al .Promoting Self-Change from Problem Substance
Use. Practical Implications for Policy, Prevention and Treatment Dordrecht/Boston/London;
Kluwer Academic Publishers 2001
13
Körkel J.
Kontrolliertes Trinken: Eine Übersicht.
Suchttherapie.
2002;
4
87-96
14 Raschke P, Kalke J. Cannabis in Apotheken. Kontrollierte Abgabe als Heroinprävention
Freiburg i. B.; Lambertus 1997
1 Natürlich spielt auch die Verhaltenssteuerung durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen
(beispielsweise strukturelle Präventionsmaßnahmen wie Preis, Werbeeinschränkungen
etc.) und durch das soziale Klima eine wichtige Rolle.
2 Auch wenn es sich bei EDDRA dem Namen nach um eine Datenbank zu illegalen Drogen
handelt, finden sich hier viele Präventionsmaßnahmen zu legalen Suchtmitteln wie Nikotin
oder Alkohol.
Dr. Jens Kalke
Institut für Interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD), Klinik für Psychiatrie
und Psychotherapie des UKE
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Email: KalkeJ@aol.com