Rehabilitation (Stuttg) 2003; 42(5): 290-300
DOI: 10.1055/s-2003-42858
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Krankheitsprofile und Therapieeffekte von Patientinnen in Mutter-Kind-Einrichtungen

Disease Profiles and Therapy Effects of Patients in Mother-Child Rehabilitation CentresS.  Arnhold-Kerri1 , S.  Sperlich1 , J.  Collatz1
  • 1Forschungsverbund Prävention und Rehabilitation für Mütter und Kinder an der Medizinischen Hochschule Hannover
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Publication Date:
10 October 2003 (online)

Zusammenfassung

Im Rahmen der externen Qualitätssicherung in Mutter-Kind-Einrichtungen wurde das Krankheitsprofil der Patientinnen eruiert, kurz- und mittelfristige Therapieeffekte wurden analysiert. Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrages stehen Fragen zur Veränderung der Leitsymptomatik der Patientinnen. Die Krankheitssituation der Patientinnen ist wesentlich durch Erschöpfungszustände sowie Multimorbidität gekennzeichnet und eng mit der mütterlichen Lebenssituation verknüpft. Der gesundheitliche Status der Patientinnen ist zu Beginn der Maßnahme deutlich beeinträchtigt. Zum Ende der Maßnahme werden hohe Therapieeffekte erzielt. Die erste Katamneseerhebung verdeutlicht die Stabilität der Veränderungen auf einem mittleren Niveau. Ergebnisse einer Quasi-Kontrollstichprobenerhebung zeigen zwischen dem Zeitpunkt vor und zum Beginn der Maßnahme keine signifikanten Veränderungen. Dies lässt darauf schließen, dass die ermittelten Veränderungen zwischen Beginn und Ende der Maßnahme nicht zufällig, sondern auf die Behandlung zurückzuführen sind. Für die behandelten Kinder können lediglich erste Trendergebnisse dargestellt werden. Diese weisen darauf hin, dass zumindest ein Teil der Kinder starke Verhaltensauffälligkeiten zeigt, die zum Ende der Maßnahme abnehmen. Ebenfalls steigt die Lebensqualität der Kinder.

Abstract

Within the setting of external quality management of mother-child rehabilitation centres the short-term and medium-term therapy effects as well as the disease profiles of patients were analysed. This paper is focused on the changing of the main symptoms among the mothers. The patients’ state of health is essentially characterized by physical and psychological exhaustion as well as by multimorbidity. It is strongly associated with the mothers’ current situation of living. Before intervention the patients’ health status was significantly impaired. Directly after the treatment high or very high therapy effects were found. All indicators are still higher after 6 months than they were at the beginning of the treatment. The results of a quasi-control population give evidence that these effects are caused by the treatment. First trends about the children treated show that behav-iour problems can be reduced and the quality of life enhanced.

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1 Die Auswertung erfolgt in modifizierter Form, um neuen psychometrischen Entwicklungen gerecht zu werden. Die Summenwerte werden auf einer Skala von 0-100 transformiert, wobei der Wert 100 die maximale Lebensqualität darstellt.

2 Es wurde das Effektstärkenmaß ESprä ausgewählt, da es noch am ehesten vergleichbar ist mit Effektstärken aus experimentellen Designs. Ein weiterer Vorteil dieser Effektstärke ist, dass sie auch sinnvoll Langzeiteffekte abbilden kann [16]. Nachteil der Effektstärke ESprä ist ihre Abhängigkeit von der Variabilität der Prä-Messung. Die Effektstärke ESprä berechnet sich als Mittelwertdifferenz, standardisiert an der Standardabweichung der Messwerte vor der Maßnahme.

3 Mit dem Reliable Change Index (RCI) wird die individuelle inferenzstatistische Signifikanz einer Prä-Post-Messung errechnet [18]. Unter Berücksichtigung der Messgenauigkeit der Erhebungsinstrumente kann somit eine Aussage darüber getroffen werden, ob die Messwertveränderungen zufällig sind bzw. auf einem Messfehler basieren. Zur Beurteilung der klinischen Bedeutung einer Veränderung wird ein Trennpunkt (Cut-off-Wert) empirisch ermittelt. Er gibt an, ob eine vorher kranke Patientin sich im Anschluss an die Maßnahme klinisch bedeutsam in Richtung gesund entwickelt hat. Man kann vier unterschiedliche Berechnungsweisen von Trennpunkten unterscheiden. Bei starker Überlappung der Verteilungen von Norm- und Patientenpopulation bietet sich das Mittel zwischen Norm- und Patientenstichprobe an. Als klinisch signifikant bezeichnet man Änderungen des Zustands einer Patientin, wenn sich Prä- und Post-Werte statistisch signifikant unterscheiden und der Post-Wert im Normbereich liegt.

Dipl.-Psych. Sonja Arnhold-Kerri

Forschungsverbund Prävention und Rehabilitation für Mütter und Kinder an der Medizinischen Hochschule Hannover

Hainhäuser Weg 124

30855 Hannover

Email: Forschungsverbund-Langenhagen@t-online.de

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