Zusammenfassung
Die Kinderonkologie hat in den vergangenen 30 Jahren für alle Tumoren Therapiekonzepte
entwickelt. Trotzdem stirbt noch etwa ein Drittel der Kinder an den Folgen ihrer malignen
Erkrankung. Deshalb ist es notwendig, dass sich der Kinderonkologe auch mit dem Sterben
der Kinder auseinandersetzt und für die Betreuung der Kinder und ihrer Familien ebenfalls
Konzepte erarbeitet. Die Betreuung der krebskranken Kinder hört nicht mit dem Ende
der Therapie, sondern erst mit ihrem Tod auf, und gerade während des letzten Lebensabschnittes
bedürfen diese Kinder und ihre Familien einer besonders intensiven Betreuung. Da die
meisten Kinder vorziehen, zu Hause zu sterben, müssen auch dafür Konzepte vorhanden
sein, wie man ihnen auch dort, eventuell in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen
Kollegen, beistehen kann. Dazu gehört natürlich auch eine adäquate Schmerztherapie,
die aber in den meisten Fällen möglich ist. Basis für eine optimale Betreuung ist
eine große Offenheit gegenüber den Kindern, die schon zu Beginn der Behandlung etabliert
werden muss und auf der dann auch in schwierigen Zeiten aufgebaut werden kann. „Niemals
zu lügen” muss die oberste Leitlinie sein. Lässt man die Patienten in der Sterbezeit
nicht alleine, wird der Ruf nach einer tödlichen Spritze eine Ausnahme bleiben. Erfolgt
er doch, ist er meist eher Ausdruck der Verzweiflung der Eltern und ein Appell an
uns, ihnen beizustehen. Ist zur Linderung starker Schmerzen ein erhöhter Einsatz von
Medikamenten notwendig, muss eventuell eine Verkürzung des Lebens um Stunden in Kauf
genommen werden. Dabei handelt es sich aber nicht um Töten auf Verlangen oder um aktive
Sterbehilfe.
Abstract
During the last 30 years pediatric oncology has developed therapeutic schemes for
all kinds of tumors. Nevertheless, a third of the children suffering from malignancies
have still to die. Therefore it is necessary to develop concepts, how to deal with
the death of children and how to care for them and their families during the dying
process, because the responsibility for these children does not end at the point of
finishing therapy, but at the time of their death. Especially during this last part
of life these children and their families need an extremely intensive care. Since
most of the children want to die at home, we must also be able to care for them there,
possibly in cooperation with a local colleague. This, of course, requires an adequate
therapy against pain which is possible in most cases. The basement for an optimal
care is to be very open to the children. If this openness is established right at
the beginning of therapy it will later serve to cope with difficult situations. „Never
to lie” is the most important principle. If the patients are not left alone during
the dying process the claim for a final injection will be an exception. However, if
euthanasia is required, it is rather an expression of despair and a cry for help.
The application of very high doses of medicine, necessary in order to prevent pain,
might lead to a shortening of life time. This is neither killing on demand nor euthanasia.
Schlüsselwörter
Kinderonkologie - menschenwürdiges Sterben - Sterbekonzepte - Schmerztherapie - Sterbehilfe
- Sterbebegleitung - Ehrlichkeit
Key words
Pediatric oncology - humane dying - dying-concepts - alleviation of pain - euthanasie
- caring for the dying - openness
Literatur
- 1 Freud A.
Kranke Kinder. Ein psychoanalytischer Beitrag zu ihrem Verständnis. Frankfurt/M; 1972
- 2 Freud A, Bermann T.
Kranke Kinder, ein psychoanalytischer Beitrag zu ihrem Verständnis. Frankfurt/M; 1972
- 3 Freud S.
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- 4 Kübler-Ross E.
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Über Erkenntnisschichten und Axiome heutiger Medizin. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. 1950 75
- 7 Spranger E.
Psychologie des Jugendalters. Heidelberg; 1924
Prof. Dr. med. D. Niethammer
Abteilung Kinderheilkunde I, Universitätsklinik für Kinderheilkunde
Hoppe-Seyler-Straße 1
72076 Tübingen