Z Geburtshilfe Neonatol 2002; 206(6): 242-246
DOI: 10.1055/s-2002-36059
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Bilaterale hypoxisch-ischämische Thalamusläsionen im Neugeborenenalter

Bilateral Hypoxic-Ischaemic Thalamic Lesions in NewbornsM. C. Banerjea1 , J. Wirbelauer1 , A. Trusen2 , C. P. Speer1
  • 1Universitäts-Kinderklinik Würzburg
  • 2Institut für Röntgendiagnostik, Abt. Kinderradiologie, Universität Würzburg
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Eingang: 15.7.2002

Angenommen nach Revision: 3.9.2002

Publication Date:
10 December 2002 (online)

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Zusammenfassung

Bilaterale hypoxisch-ischämische Thalamusläsionen stellen eine seltene Form der neonatalen hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie (HIE) dar, deren spezifische klinische Symptomatik bislang wenig bekannt ist.

In dieser Übersichtsarbeit werden Anamnese, klinische Symptome und wegweisende diagnostische Befunde eines Reif- und eines Frühgeborenen mit ischämischen Thalamusläsionen nach schwerer, kurz dauernder intrauteriner Hypoxie dargestellt. Postnatal fehlten beiden Kindern der Saug- und Schluckreflex während die übrigen Hirnnerven intakt waren. Auffallend waren darüber hinaus eine myopathische Fazies und eine generalisierte muskuläre Hypotonie. Ausgeprägte Fütterungsschwierigkeiten und rezidivierende Aspirationspneumonien bedingten einen langen, komplikationsreichen stationären Verlauf. Das reifgeborene Kind verstarb im Alter von 14 Wochen, vermutlich im Rahmen einer erneuten Aspiration, während das frühgeborene Kind eine schwere extrapyramidale Zerebralparese entwickelt hat.

Ein postnatal fehlender Saug- bzw. Schluckreflex sollte bei ansonsten intakten Hirnnervenfunktionen an bilaterale hypoxisch-ischämische Thalamusläsionen denken lassen. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigen, dass dieser Form der HIE in der Regel eine kurzfristige aber vollständige Ischämie zugrunde liegt, wie sie z. B. bei einem Nabelschnurvorfall oder im Rahmen einer vollständigen Plazentalösung beobachtet werden kann. Wegweisende diagnostische Befunde in der zerebralen Ultraschalluntersuchung können postnatal zunächst fehlen, so dass bei typischer klinischer Symptomatik auch bei unauffälligen Ultraschalluntersuchungen eine cerebrale Kernspintomographie veranlasst werden sollte. Bei Nachweis von bilateralen ischämischen Thalamusläsionen wird die Prognose bezüglich geistiger und motorischer Entwicklung als ungewöhnlich schlecht angesehen.

Abstract

Bilateral hypoxic-ischaemic thalamic lesions are a rare type of neonatal encephalopathy with characteristic but often misinterpreted clinical features.

This article describes history, clinical and diagnostic findings in a preterm and a term infant with hypoxic-ischaemic thalamic lesions after severe and abrupt intrauterine hypoxia. Both neonates presented with absent suckling and swallowing whereas other cranial nerves were unaffected. Characteristic findings in both newborns were profound muscular hypotonia and weak facial expressions together with feeding difficulties and frequent episodes of aspiration pneumonias. The term infant died at the age of 14 weeks following presumed aspiration pneumonia, the preterm infant, however, has developed severe extrapyramidal cerebral palsy.

Absent suckling and swallowing with otherwise normal cranial nerve function appears to be characteristic of a bilateral hypoxic-ischaemic lesion of the thalamus. Animal experiments suggest that these lesions originate from a short but total ischaemia as it can be observed in cord prolapse or total placental abruption. Specific findings may initially be absent on ultrasound examination. Hence, magnetic resonance imaging of the brain should be performed on all patients with characteristic clinical symptoms even if the ultrasound scan is unremarkable. Evidence of bilateral ischaemic lesions of the thalamus usually indicates a poor prognosis.

Literaturverzeichnis

Dr. med. M. C. Banerjea

Universitäts-Kinderklinik Würzburg

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