Zusammenfassung
Fragestellung: Es sollte untersucht werden, wie weit die routinemäßige Hinzuziehung eines (Neuro-)Pädiaters
bei Kindern mit sensorineuralen Hörstörungen und Notwendigkeit einer Hörgeräteversorgung
diagnostisch und therapeutisch hilfreich ist.
Studien-Design: In einer retrospektiven Studie wurden 31 Kinder (21 Mädchen, 10 Jungen) mit einer
sensorineuralen Hörstörung (27 binaural, 4 monaural) untersucht: 12 Kinder hatten
eine Resthörigkeit bzw. hochgradige Hörminderung, medianes Diagnosealter (mDA) 8 Monate;
15 Kinder eine mittelgradige und leichte Schwerhörigkeit, mDA 58 Monate und 4 Kinder
eine monaurale Hörminderung, mDA 29 Monate. Die neuropädiatrische Untersuchung der
Kinder basierte auf medizinischen Untersuchungen und psychometrischen Testverfahren.
Ergebnis: 1. Die Diagnose einer sensorineuralen Hörstörung wird bei Kindern ohne typische Risikofaktoren
bzw. Stigmata in Deutschland weiterhin sehr spät gestellt. 2. Bei ca. 65 % der untersuchten
Kinder zeigten sich unterschiedlich ausgeprägte neuropädiatrische Auffälligkeiten;
bei ca. 25 % der Kinder bestanden schwerwiegende Auffälligkeiten: 7 Kinder mit einem
IQ unter 80, 1 Kind mit einem ADHD (Attention Deficite Hyperactivity Disorder) und
1 Kind mit einem zusätzlichen zerebralen Anfallsleiden. Die Analyse zeigte, dass bei
Kindern mit niedrigen Intelligenzquotienten die erzielten Therapieergebnisse schlechter
waren. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Kindern mit ausgeprägten Entwicklungsauffälligkeiten
und nur geringer (< 40 dBHL) bzw. monauraler Hörminderung gehäuft zusätzliche, neuropädiatrische
Störungen bestehen.
Schlussfolgerung: Aufgrund des großen Anteils neuropädiatrisch auffälliger Kinder ist die Hinzuziehung
eines Neuropädiaters/neuropädiatrisch erfahrenen Arztes bei Diagnostik einer sensorineuralen
Hörstörung dringlich indiziert. Dies gilt insbesondere für solche Kinder, die spät
diagnostiziert wurden bzw. bei denen nur eine geringe bzw. monaurale Hörminderung
und gleichzeitig erhebliche Entwicklungsauffälligkeiten vorliegen.
Abstract
Question: Present analysis was performed to test the hypothesis, that cooperation with neuropediatricians
might improve the treatment of hearing impaired children.
Study-Design: In a retrospective study 31 children (21 females, 10 males) with impaired sensorineural
hearing (27 binaural, 4 monaural) and hearing aids were analyzed: - 12 children with
profound and severe hearing loss (HL), median diagnostic age (mda): 8 months; - 15
children with moderate and mild HL, mda: 58 months and - 4 children with monaural
HL, mda: 29 months. Neuropediatric examination included physical examination as well
as psychometric testing.
Results: 1. Despite various medical efforts hearing impaired children are diagnosed very late
in Germany. 2. About 65 % of the children exhibited neurodevelopmental deficits; about
25 % showed profound disabilities: 7 children with an IQ < 80, 1 child with ADHD (Attention
Deficit Hyperactivity Disease) and 1 child with cerebral seizures. Analysis indicates
that especially in children with developmental disabilities and only mild/ moderate
hearing impairment the risk for additional neuropediatric diseases is increased.
Conclusion: In the present study a high portion of hearing impaired children exhibited additional
neuropediatric diseases. Thus the regular cooperation with a neuropediatrician might
be helpful for diagnosis and further treatment. The risk for additional neuropediatric
disabilities might be enhanced especially in those children, which have been diagnosed
late or in cases with mild/moderate hearing impairment and profound developmental
disabilities.
Schlüsselwörter
Kinder - Sensorineurale Hörstörung - Hörgeräte - Neuropädiatrische Auffälligkeiten
- Retardierung
Key words
Children - Sensorineural hearing loss - Hearing aids - Developmental disabilities
- Retardation