Suchttherapie 2002; 3(Suppl. 1): S31-S36
DOI: 10.1055/s-2002-32764
Orginalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hepatitis-Prophylaxe für Drogengebraucher(innen)

Prophylaxis of Hepatitis for Drug UsersHeino Stöver
  • 1Bremer Institut für Drogenforschung, Universität Bremen
Further Information

Publication History

Publication Date:
11 July 2002 (online)

Zusammenfassung

Die Verbreitung von Hepatitis B und C hat sich zu einer ernsten Bedrohung für die Gesundheit von Drogenkonsument(inn)en in ganz Europa entwickelt. Was sind die Gründe für diese schnelle Verbreitung besonders von Hepatitis C in der Gruppe der intravenös applizierenden Drogenkonsument(inn)en? Obwohl ähnliche Transmissionswege (Blut-zu-Blut) vorliegen, wird die HIV-Prophylaxe als erfolgreich wahrgenommen. Es scheint Transmissionsrisiken neben der bloßen Vermeidung des Gebrauchs kontaminierter Spritzen und Kanülen zu geben. Dieser Beitrag lenkt die Aufmerksamkeit auf die gesamten Lebensumstände der Drogengebraucher(innen), die einen Mangel an allgemeiner Hygiene aufweisen und wo Blutreste sowohl im Haushalt als auch in der verbreiteten Praxis geteilter Konsumutensilien zu finden sind. Vorschläge werden vorgestellt, wie die Strategien der Infektionsprophylaxe auf diese Anforderungen abgestimmt werden können.

Abstract

The spread of hepatitis B and C has developed to a major threat for the health of drug users throughout Europe. What are the reasons for this rapid spread of especially hepatitis C among the population of intravenous drug users? Although there are similar routes of transmission (blood-to-blood), HIV prophylaxis is perceived as being basically effective. There seem to be transmission risks beyond the simple avoidance of the use of contaminated needles and syringes. This contribution draws the attention on the whole life circumstances of drug users, where general hygiene is lacking and blood rests can be found in the household as well as in the common practice of shared consumption equipment. Suggestions are presented of how to adjust the strategies of the prophylaxis of infectious diseases to these demands.

Literatur

  • 1 EMCDDA .Annual report on the state of the drugs problem in the European Union,. Lissabon; 1998
  • 2 Sapira J D, Jasinski D R, Gorodetzky C W. Liver disease in narcotic addicts. The role of the needle.  Clinical Pharmacology and Therapeutics. 1968;  9 725-739 (6)
  • 3 Marcus U. 20 Jahre HIV-/AIDS-Epidemie in Deutschland. Marcus U Glück gehabt? Zwei Jahrzehnte AIDS in Deutschland Berlin, Wien; Blackwell 2000
  • 4 Wodak A. Hepatitis C. Waiting for the Grim Reaper.  MJA. 1997;  166-284
  • 5 Imbert E. L‘Hépatitide C. Une épidémie à contrÂler.  Le nouveau centre de santé. 1998;  123
  • 6 Kools J P, Boerboom S, Viergever B. Hepatitis und Drogengebrauch - Vorbeugung und Gesundheitsratschläge. Heudtlass JH, Stöver H Risiko mindern Frankfurt; Fachhochschulverlag 2000: 281-293
  • 7 Scottish Centre for Infectious and Environmental Health Weekly Report.  2000;  34 (22)
  • 8 Crofts N. Statement on the 5th International Hepatitis C Conference. Amsterdam; Europäische Beobachtungs- und Dokumentationsstelle für Drogen und Drogensucht 2000
  • 9 Bornemann R. Varianten des Needle Sharing. Gölz J Der drogenabhängige Patient München; Urban & Fischer 1999: 156-162
  • 10 Heudtlass J H. Safer use - Gesundheitstipps für Drogengebraucher. Heudtlass JH, Stöver H Risiko mindern Frankfurt; Fachhochschulverlag 2000: 98-147
  • 11 Gaube J, Feucht H H, Laufs R, Polywka S, Fingscheidt E, Müller H E. Hepatitis A, B und C als desmoterische Infektionen.  Gesundheitswesen. 1993;  55 (5) 246-249
  • 12 Keppler K, Nolte F, Stöver H. Übertragungen von Infektionskrankheiten im Strafvollzug - Ergebnisse einer Untersuchung in der JVA für Frauen in Vechta.  Sucht. 1996;  2 98-107
  • 13 Borneman R, Stöver H. Schadensminderung. Fengler J Handbuch der Suchtbehandlung Landsberg; ecomed 2002: 468-477
  • 14 Stöver H. Healthy Prisons: Strategien der Gesundheitsförderung im Justizvollzug. Oldenburg; BIS-Verlag 2000
  • 15 Jacob J, Stöver H. Minimierung gesundheitlicher Risiken bei Drogenkonsum unter Haftbedingungen. Ein methodisch-didaktisches Arbeitsbuch für die Praxis im Strafvollzug. Oldenburg; BIS-Verlag 1998
  • 16 Stöver H, Trautmann F. Risk Reduction for Drug Users in Prisons. Utrecht; Trimbos Institute 2001
  • 17 Wedershoven C. Vermeidung von Neuinfektionen mit viraler Hepatitis bei Insassen einer Justizvollzugsanstalt - Impfung, Aufklärung und Stärkung protektiver Verhaltensweisen.  Manuskript o. J. nicht veröffentlichte Quelle.
  • 18 Heinemann A, Püschel K. Pilotprojekt zur Infektionsprophylaxe für Drogenabhängige in der Anstalt des offenen Vollzugs in Vierlande (Anstalt XII) - Medizinische Begleitforschung. Hamburg; Institut für Rechtsmedizin, Universitätskrankenhaus Eppendorf 1998
  • 19 Stöver H. Assistance to Drug Users in European Union Prisons. An Overview Study. Lisbon/Portugal; EMCDDA 2001
  • 20 Jacob J, Keppler K, Stöver H. (Hrsg) .LebHaft: Gesundheitsförderung für Drogen Gebrauchende im Strafvollzug. Berlin; Deutsche AIDS-Hilfe, AIDS-Forum DAH 2001 Band 42, Teil 1 + 2
  • 21 www.hepfinder.de. 
  • 22 www.health.gov.au. 
  • 23 www.fixpunkt.org. 

1 Typisch und stellvertretend für viele der Slogan der Deutschen AIDS-Hilfe Anfang der 90er: „Für jeden Druck ‘ne neue Pumpe.” Diese Vorsichtsvorkehrung ist nicht umfassend genug, wenn weiterhin die Filter, das Wasser, die Löffel (Dose) geteilt werden oder ein Drogenteilen stattfindet.

1

2 Gleichzeitig wird von vielen Praktiker(inne)n die Forderung der Hepatologen nach völliger Drogenfreiheit vor Beginn der Hepatitis-C-Behandlung kritisiert (Ärzte-Zeitung 30.1.2001).

3 Wie sehr die Spritzenvergabe ideologisiert wird, zeigt die jüngste Maßnahme des neu gewählten Hamburger Mitte-Rechts-Senats, der die erfolgreiche Spritzenvergabe durch politischen Beschluss nach über 5-jähriger Laufzeit in den Justizvollzugsanstalten des Landes beendet hat.

PD Dr. Heino Stöver

Universität Bremen, FB 06 ARCBremen , BISDRO

Postfach 33 04 40

28334 OC>