Zusammenfassung
Ziel der Studie: Das Wissen um eine Prognoseverbesserung durch frühzeitige Intubation bei mehrfachverletzten
und polytraumatisierten Patienten mit Thoraxtrauma hat zur Erarbeitung von Leitlinien
und Empfehlungen der in der Notfallmedizin vertretenen Fachdisziplinen geführt, die
heute als anerkannte Standards in der präklinischen Versorgung dieser Patienten angesehen
werden. Anhand eines konsekutiven Patientenkollektivs wurde überprüft inwieweit diese
Standards erfüllt wurden und ob Unterschiede im weiteren intensivmedizinischen Verlauf
in Abhängigkeit von der notärztlichen Versorgung auftraten. Methodik: In einer prospektiven Studie wurden die Daten einer konsekutiven Patientenserie analysiert.
Die Überprüfung der statistischen Signifikanz erfolgte mittels ANOVA-Test, wobei p-Werte
< 0,05 als signifikant gewertet wurden. Durchschnittswerte sind im Text mit der Standardabweichung
dargestellt. Als Hauptkriterium der präklinischen Standardversorgung wurde die Intubationsrate
ausgewählt. Während der intensivmedizinischen Behandlung wurden Letalität, Anzahl
der Beatmungstage, Dauer der dorso-ventralen Wechsellagerung und Rate des mehrfachen
Organversagens dokumentiert. Von 01. 12. 2000 bis 25. 09. 2001 wurden 48 Patienten
mit einem Thoraxtrauma (AISThorax ≥ 3) intensivmedizinisch behandelt. Es wurden 22 Patienten direkt vom Unfallort in
die Klinik eingeliefert, 26 Patienten erreichten die Klinik nach auswärtiger Erstversorgung
innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfallereignis. Ergebnisse: Von den 48 Patienten wurden 12 (25 %) am Einsatzort durch den Notarzt intubiert und
kontrolliert beatmet. Lediglich 4 dieser Patienten wurden durch den erstanwesenden,
bodengebundenen Notarzt intubiert. Die übrigen 8 Patienten wurden durch den sekundär
angeforderten RTH Notarzt intubiert. 34 (71 %) Patienten mussten bei Klinikaufnahme
im Rahmen der Erstversorgung (16 × bei Aufnahme im eigenen Schockraum, 18 × im erstversorgenden
Krankenhaus) intubiert werden, weitere zwei (4 %) wurden erst innerhalb von 6 Stunden
nach Aufnahme auf der Intensivstation intubiert. Eine Thoraxdrainage am Unfallort
erhielten 5 (10 %) Patienten, 15 (31 %) erst im Schockraum und 21 (44 %) bei Aufnahme
auf der Intensivstation. In der Gruppe der präklinisch intubierten Patienten (Gruppe
A) betrug die Gesamtverletzungsschwere gemessen am ISS 30,9 ± 13,3 Punkte und das
Durchschnittsalter 37,2 ± 15,0 Jahre gegenüber einem ISS von 29,5 ± 9,2 Punkte und
einem Durchschnittsalter von 46,9 ± 21,1 Jahren in der Gruppe der präklinisch nicht
intubierten Patienten (Gruppe B). Insgesamt sind 14 (29 %) Patienten verstorben, ein
Patient aus Gruppe A verstarb an den Folgen eines SHT, in Gruppe B verstarben insgesamt
13 Patienten (1 × Lungenembolie, 12 × MOV). In Gruppe A versus Gruppe B betrug die
Anzahl an Beatmungstagen 9,4 ± 9,0 vs. 19,2 ± 20,4 Tage. Der Aufenthalt auf der Intensivstation
lag bei 12,6 ± 8,7 vs. 21,9 ± 20,4 Tagen. Ebenso unterschied sich die Dauer der Wechsellagerung
mit 3,7 ± 4,4 vs. 5,6 ± 3,8 Tagen. Schlussfolgerung: Die vorliegenden Daten lassen auf eine schwerwiegende Fehl- und Unterschätzung des
Thoraxtraumas in der präklinischen Versorgungsphase schließen. Um neben der Vermeidung
akut bedrohlicher Komplikationen auch den folgenden intensivmedizinischen Verlauf
günstig zu beeinflussen, ist eine zeitgerecht initiierte und der Verletzungsschwere
angemessene präklinische Erstversorgung von entscheidender Bedeutung. Diese Versorgung
muss noch am Unfallort vor dem Transport in eine zur definitiven Versorgung geeignete
Klinik erfolgen.
Abstract
Aim of the study: Because of the well prooven fact of outcome improvement by early, preclinical intubation
and ventilation of multiple injured and polytraumatized patients, the guidelines of
different medical associations recommend this procedure especially in combination
with blunt chest trauma. By the means of a prospective study protocol we analyzed
whether these treatment standards were respected and whether the kind of preclinical
treatment was influencing treatment outcome. Patients and Methods: Using a prospective study protocol data were sampled and analyzed. From 1. 12. 2000
to 25. 9. 2001 48 consecutive patients were included into the protocol. 12 patients
(25 %) had preclinical intubation (group A). 8 patients of group A were intubated
by the helicopter emergency team. 36 patients had no tracheal tube (group B). In 34
cases mechanical ventilation has to be started during the emergency room procedures.
Two patients were intubated after they were admitted to the intensive care unit (ICU).
Insertion of a chest tube was done in 5 patients at the scene by the emergency team,
in 15 cases after admission to the hospital and 21 at the ICU. Although the average
age of years of patients was higher in group B (37,2 ± 15,0 y vs. 46,9 ± 21,1 y),
p values calculated by ANOVA test revealed no significant difference. The two groups
did not differ regarding to injury severity assessed by the “Injury severity score”
(group A: 30,9 ± 13,3; group B: 29,5 ± 9,2). The mean duration of mechanical ventilation
was 9,4 ± 9,0d vs. 19,2 ± 20,4 d in group A vs group B. Patients of group A required
intensive care treatment for 12,6 ± 8,7d vs 21,9 ± 20,4 d of group B. One patient
of group A died because of severe cranio cerebral trauma. 13 Patients of group B died
(1 × pulmonal embolism, 12 × multiple organ failure). Conclusions: Assessment of injury severity by the emergency medical teams failed in a very high
percentage. Especially the blunt trauma to the chest was not diagnosed and therefore
not respected.
Schlüsselwörter
Thoraxtrauma - Präklinische Standards - Intubation - Thoraxdrainage
Key words
Thoracic trauma - Preclinical intubation - Multiple organ failure - Chest tube