intensiv 2002; 10(3): 129-135
DOI: 10.1055/s-2002-30626
Pflegeforschung
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Rolle systematischer Übersichtsarbeiten in der evidenzbasierten Pflege

Alles neu oder alles beim Alten?Peter Kranke1 1 , Daniela Göckeritz2 2 , Leopold H. J. Eberhart3 3
  • 1Klinik für Anaesthesiologie der Universität Würzburg
    (Direktor: Prof. Dr. Norbert Roewer)
  • 2Filderstadt
  • 3Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie der Universität Marburg
    (Direktor: Prof. Dr. Hinnerk Wulf)
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Publication History

Publication Date:
17 May 2002 (online)

Zusammenfassung

Bedingt durch Zeitmangel und Überfrachtung mit unsortierter Literatur sind systematische Übersichten bei täglichen Entscheidungen im Bemühen um evidenzbasierte Medizin nicht mehr wegzudenken. Bei sorgfältiger Durchführung gewährleisten sie den Rückgriff auf die beste verfügbare Evidenz bei erträglichem Zeitbedarf und erleichtern dadurch fundierte Entscheidungen im klinischen Alltag. Da sie sich jeweils auf bereits publizierte Daten gründen, können sie nur so gut sein wie die eingeschlossenen Daten selbst. Jedoch bietet die kritische Wertung der Daten die Möglichkeit, Fehlerquellen bei der Interpretation der Ergebnisse zu vermeiden. Mit zunehmender Verfügbarkeit elektronischer Datenbanken sind die Weichen für einen allgegenwärtigen Zugriff gestellt. Bei der Erstellung von Standards, Richtlinien und Empfehlungen sollte auf die höchste verfügbare Evidenz zurückgegriffen werden. Hier können systematische Übersichten in besonderem Maße einen Beitrag leisten, sinnvolle Maßnahmen in ihrer Wertigkeit zu betonen und sich von weniger hilfreichen oder gar gefährlichen Maßnahmen und Ansichten zu trennen. Vergessen werden darf allerdings nicht, dass auch systematische Übersichten keine „magischen Instrumente” sind, mit denen sich die „Wahrheit” plötzlich erschließt. Und noch ein Einwurf: Dort, wo es um das Wohlbefinden des Patienten, um Empathie und menschliche Zuwendung geht, bleiben nach wie vor das Gespür des Behandlers und die individuelle Empfindung des Patienten maßgeblich; dies soll durch EBM auch keineswegs abgeschafft oder ersetzt werden.

Literatur

  • 1 Kunz R, Ollenschläger G, Raspe H, Jonitz G, Kolkmann F W. Lehrbuch Evidenzbasierte Medizin in Klinik und Praxis. Deutscher Ärzteverlag Köln; 2000
  • 2 Antes G. Evidence-Based Medicine.  Internist. 1998;  39 899-908
  • 3 Sackett D L, Rosenberg W MC, Gray J AM, Haynes R B, Richards W S. Evidence based medicine: what it is and what it isn’t.  BMJ. 1996;  312 71-72
  • 4 Walder B, Tramèr M R. Evidence-based Medicine und systematische Reviews in der perioperativen Medizin - Modeerscheinung oder Notwendigkeit?.  Anaesthesist. 2001;  50 689-694
  • 5 Kranke P, Eberhart L HJ. Systematische Übersichtsarbeiten in der Anästhesie - Erstellung, Bedeutung und Interpretation.  Anaesthesiol Intensivmed. 2002;  (im Druck)

1 Die direkte Übertragung von „evidence-based medicine” aus dem Englischen in den deutschen Begriff „evidenzbasierte Medizin” hat wegen der unterschiedlichen Wortbedeutung für „Evidenz” wiederholt zu Kontroversen geführt.

Dr. med. Peter Kranke

Klinik für Anaesthesiologie
Universität Würzburg

Josef-Schneider-Straße 2

97080 Würzburg

Email: peter.kranke@mail.uni-wuerzburg.de

URL: http://www.anaesthesie.uni-wuerzburg.de/de/ forschung/index.htm(„evidence-based medicine”)

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