Nutzungsmöglichkeiten der amtlichen Statistik für die Versorgungsforschung[*]

Zusammenfassung

Es wird über die Erfahrungen und Probleme bei der Nutzung amtlicher Daten für die Versorgungsforschung berichtet. Für eine ökologische Analyse zu den Determinanten der Inanspruchnahme stationärer Leistungen wurde in Datenquellen der amtlichen Statistik nach kleinräumig verfügbaren Informationen auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte gesucht.

Recherchiert wurde über das Internet in den Datenbeständen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, des Statistischen Bundesamtes und der statistischen Landesämter. Weiterhin wurde auf die gemeinsame Regionalstatistik des Bundes und der Länder zurückgegriffen. Schließlich wurde eine Gemeinschaftsanfrage an alle 16 statistischen Landesämter gestellt und um die Bereitstellung von Daten der Mortalitäts- und Krankenhausdiagnosestatistik, zur Struktur der stationären Versorgung und von weiteren sozioökonomischen Variablen gebeten.

Der Großteil der Datenrecherche gestaltete sich unproblematisch. Doch nicht alle der gewünschten Informationen waren auf der Ebene der 440 Landkreise und kreisfreien Städte in befriedigender Form und Qualität verfügbar. So wurden aus Datenschutzgründen Einzelangaben aus kleinen Landkreisen teilweise nicht ausgewiesen oder manche Variablen überhaupt nicht übermittelt. Hinzu kamen Unterschiede zwischen den Bundesländern bei der Abgrenzung einiger Variablen und im länderübergreifenden Datenabgleich. Problematisch erwies sich auch die unterschiedliche Altersdifferenzierung in verschiedenen amtlichen Datenquellen.

Zwar gestaltet sich die Routinenutzung der amtlichen Statistik über statistische Berichte und zunehmend über das Internet als wenig problematisch. Für spezifische Forschungsfragen ergeben sich hingegen noch Probleme bei der Nutzung durch fehlende Ausweisung standardisierter Kennziffern, die eingeschränkte Verfügbarkeit kleinräumiger Daten zum Gesundheitswesen, die restriktive Interpretation von Datenschutzgesetzen und die uneinheitliche Behandlung von Sammelanfragen in den statistischen Landesämtern. Zu bemängeln ist schließlich, dass Daten zur Morbidität der Bevölkerung und zur ambulanten Versorgung nur begrenzt zur Verfügung stehen.

Abstract

This report deals with the experiences and problems with using official statistics on a limited area level of Germany’s 440 administrative districts. The data comprised health-related issues and were used for an ecological analysis of the determinants of hospital use.

We obtained health statistics data from homepages of the German health report, the Federal statistics office, and the 16 statistics offices of the Federal states. We also made use of the data base of the joint regional statistics published by the Federal and regional statistics offices. Finally, there was a co-ordinated inquiry to the regional statistics offices about the supply of data on mortality, hospital discharges, structure of hospital care and several socio-economic indicators. The process of data collecting was mostly unproblematic. On the other hand, not all of the data were available on a limited area level in a satisfying form and quality. For reasons of data protection some information of small districts was transmitted incompletely. Additionally, there are procedural differences between regional statistics offices regarding the differentiation between some variables and in the exchange of data between the federal states. Finally, some problems were due to varying age classifications for different health indicators.

For health services research the use of official statistics becomes increasingly comfortable via health reports and Internet. However, for specific questions of research some problems still remain, rising from missing standardised health indicators and deficient availability of limited area health data. Data collection is exacerbated by restrictive interpretation of data protection acts and the different handling of data inquiries in the regional statistics offices. Finally, there is a lack of data on morbidity and use of ambulatory care.

Schlüsselwörter

Amtliche Statistik - Sekundärdaten - Versorgungsforschung - Ökologische Analyse

Key words

Official Statistics - Secondary Data - Health Services Research - Ecological Analysis

1 1 Überarbeiteter Vortrag, gehalten auf der Jahrestagung der DGMSP 2001 in Bielefeld.

Literatur

• 1 Wennberg J E. Dealing with medical practice variations: a proposal for action.  Health Affairs. 1984;  3 6-32
• 2 Wennberg J E, Gittelsohn A. Small area variation in health care delivery.  Science 1973;  182 1102-1108
• 3 Wennberg J E, Gittelson A. Variation in medical care among small areas.  Scientific American. 1982;  26 100-112
• 4 Anderson T F, Mooney G. (Hrsg) .The challenge of medical practice variations. Macmillan Press London; 1990
• 5 Folland S, Stano M. Small area variations: a critical review of propositions, methods, and evidence.  Medical Care Review. 1990;  47 419-465
• 6 Paul-Shaheen P, Clark J D, Williams D. Small area analysis: a review and analysis of the North American literature.  J Health Politics, Policy and Law. 1987;  12 741-809
• 7 Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.) .Operationshäufigkeiten in Deutschland. Baden-Baden; Nomos-Verlagsgesellschaft 2000 Schriftenreihe des BMG Bd 129
• 8 Swart E, Robra BP unter Mitarbeit von Deh S, Deh U .Transparenz im stationären Sektor. AOK-Fallanalysen in Sachsen-Anhalt Frankfurt/M; pmi-Verlag 2001
• 9 Swart E, Böhlert I, Jakobs P, Robra B P, Schneider F, Leber W D, Dembski U. Analyse regionaler Unterschiede der Krankenhaushäufigkeit und Berechnungstagevolumina.  Das Gesundheitswesen. 1996;  58 10-15
• 10 Swart E, Wolff C, Robra B P, Deh S, Klas P. Häufigkeit und kleinräumige Variabilität von Operationen.  Der Chirurg. 2000;  71 109-114
• 11 von Ferber L. (Hrsg) .Häufigkeit und Verteilung von Erkrankungen und ihre ärztliche Behandlung. Leipzig; ISAB-Verlag 1994
• 12 von Ferber L, Behrens J. (Hrsg) .Public-Health-Forschung mit Gesundheits- und Sozialdaten. St. Augustin; Asgard-Verlag 1997
• 13 Swart E. Regionale Unterschiede in der Krankenhaushäufigkeit - Ergebnisse der amtlichen Diagnosestatistik.  Gesundheitswesen. 2001;  63 A60
• 14 Campbell D A, Radford J MC, Burton P. Unemployment rates: an alternative to the Jarman index?.  Brit Med J. 1991;  303 750-755
• 15 Haynes R, Gale S, Lovett A, Bentham G. Unemployment rate as an updatable health needs indicator for small areas.  J Public Health Medicine. 1996;  18 27-32
• 16 Statistisches Bundesamt (Hrsg.) .Gesundheitsbericht für Deutschland. Stuttgart; Metzler-Poeschel 1998
• 17 Wichmann H E. Epidemiologie und Datenschutz - Wege zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit.  Informatik, Biometrie und Epidemiologie in Medizin und Biologie. 1999;  39 35-44

1 1 Überarbeiteter Vortrag, gehalten auf der Jahrestagung der DGMSP 2001 in Bielefeld.

2 über die Kassenärztliche Bundesvereinigung

3 http://www.gbe-bund.de

4 Zu beziehen über jedes statistische Landesamt und das Statistische Bundesamt, Informationen gibt es unter http://www.brandenburg.de/statreg/.

5 Zuständig ist jeweils das statistische Landesamt des Antragstellers.

6 Wir danken Frau Steffi Heyl und ihren Kollegen und Kolleginnen vom Statistischen Landesamt Sachsen-Anhalt in Halle für ihren Einsatz im Rahmen dieser Sammelanfrage.

7 Zusätzliche Klassifikation von Faktoren, die den Gesundheitszustand und die Inanspruchnahme von Einrichtungen des Gesundheitswesens beeinflussen.

8 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2001 für die Bundesrepublik Deutschland, Tab. 18.15, S. 454-455