Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2002; 37(2): 84-88
DOI: 10.1055/s-2002-20394
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Tumeszenz-Lokalanästhesie

Tumescent Technique for Local AnesthesiaB.  Beck-Schimmer, T.  Pasch
  • 1Institut für Anästhesiologie, Universitätsspital Zürich
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Publikationsdatum:
26. Februar 2002 (online)

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Zusammenfassung

Die Tumeszenz-Lokalanästhesie wurde ursprünglich vor allem für die Liposuction eingesetzt. Sie wird auch bei anderen plastisch-kosmetischen, bei dermatologischen und venenchirurgischen Eingriffen genutzt, nicht selten unter ambulanten Bedingungen. Dabei werden den Patientinnen oder Patienten große Mengen an Trägerflüssigkeit, die verdünntes Lidocain bzw. Prilocain und Adrenalin enthalten, subkutan appliziert. In dieser Literaturübersicht werden aus anästhesiologischer Sicht Nebenwirkungen und Risiken der hochdosierten Lidocain-, Prilocain-, Adrenalin- und Flüssigkeitszufuhr in das subkutane Gewebe beschrieben. Ursprünglich wurden Lidocaindosen von 35 mg/kg KG als sicher propagiert, später 55 mg/kg KG und sogar bis zu 90 mg/kg KG gegeben, ohne dass die Sicherheit so hoher Dosierungen wissenschaftlich belegt ist. Die bislang publizierten Plasmakonzentrationen stammen von kleinen Patientenkollektiven. Dabei zeigte sich, dass sie im als untoxisch angesehenen Bereich von unter 5 µg/ml liegen und ihre Maxima im Durchschnitt nach 4 - 12 Stunden ausbilden, wenn den Lokalanästhetikumlösungen Adrenalin beigemischt wird. In Einzelfällen war am Ende der Messperiode von 23 Stunden noch kein Konzentrationsabfall zu sehen. Der Ersatz von Lidocain durch Prilocain löst das Toxizitätsproblem nicht, sondern verschiebt es von der Toxizität des verwendeten Lokalanästhetikums zu den Gefahren des Methämoglobins, das auf über 10 % Anteil am Gesamthämoglobin ansteigen kann. Über Nebenwirkungen der hochdosierten subkutanen Adrenalinapplikation wie Tachykardien, Arrhythmien und Hypertonien gibt es kaum Berichte, sie sind aber nicht sicher auszuschließen. Die großvolumige Flüssigkeitszufuhr geht trotz der subkutanen Anwendung mit dem Risiko einer Überwässerung des Patienten einher; Lungenödeme sind beschrieben. Andererseits ist eine Hypovolämie infolge Flüssigkeitsverlustes in den Drittraum nicht ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung der genannten Risiken scheint die Tumeszenz-Lokalanästhesie eine für ambulante Patienten nur mit Einschränkungen geeignete Technik zu sein. Die Patienten sollten im Operationssaal und anschließend hinreichend lange von qualifiziertem Personal überwacht werden, das mit den verfahrenstypischen Komplikationen und den Maßnahmen zu deren Behebung vertraut ist. Bei Patienten mit kardialen oder pulmonalen Risikofaktoren sollte die Tumeszenz-Lokalanästhesie nicht angewendet werden.

Abstract

Tumescent local anesthesia was originally used in liposuction but is also carried out for other plastic, cosmetic, dermatological procedures and for surgery of the venous system, often in outpatients. For this purpose, large amounts of fluids containing diluted lidocaine or prilocaine and epinephrine are infused subcutaneously. In this review of the literature, this technique is assessed in view of potential anesthesiological complications such as intoxication with lidocaine, prilocaine, overdosage of epinephrine or overload with fluids. While originally a lidocaine dosage of 35 mg/kg b.w. was considered to be safe, dosages were then increased to 55 mg/kg b. w. and even 90 mg/kg b. w. without data showing the safety of such high doses. Published data of plasma concentrations were obtained from small numbers of patients, showing that the concentrations were below 5 µg/ml which is considered the nontoxic range. The maximum levels were observed after 4 - 12 hours, if epinephrine was used. In a few patients, however, the values had not yet begun to decrease at the end of the 23 hours observation period. Replacing lidocaine by prilocaine shifts the problem of toxicity to that of the formation of methemoglobine, which can reach levels of more than 10 %. Data about effects of high-dose epinephrine in the literature are sparse, but tachycardia, arrhythmias and hypertension remain a major concern. Although fluids are applied subcutaneously, an overload with fluids may occur. Cases of lung edema have been reported, however, hypovolemia caused by a loss of fluid into the third space cannot be excluded. Because of these possible complications, tumescent local anesthesia should be employed in outpatients with great care. Patients should be monitored during the procedure and for a sufficient period of time thereafter by adequately trained staff. Patients with cardiac or pulmonary risk factors should not undergo tumescent local anesthesia.

Literatur

Dr. med. Beatrice Beck Schimmer

Institut für Anästhesiologie, Universitätsspital

Rämistrasse 100

8091 Zürich

eMail: beatrice.beck@ifa.usz.ch