intensiv 2001; 9(6): 255-259
DOI: 10.1055/s-2001-18167
Psychologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wie hilfreich sind verschiedene Aspekte der Kommunikationstheorie im Arbeitsalltag der Intensivpflege?

Brinja Schmidt
  • 1Göttingen
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Publication Date:
05 November 2001 (online)

Einleitung

Bedingt durch die Ausnahmesituation, in der sich Intensivpatienten befinden, finde ich mich häufig in schwierigen Kommunikationssituationen wieder. Bewusstseinsstörungen, die im Zuge der Bewältigung von bedrohlichen Situationen entstehen (ICU-Syndrom, Posttraumatische Belastungsstörung, Durchgangssyndrom), sind nicht selten die Ursache für eine Beeinträchtigung der Kommunikationsfähigkeit der Patienten. Diese Art von Beeinträchtigung äußert sich beispielsweise in extremer Uneinsichtigkeit oder in unterschwelliger oder herausfordernder aggressiver Artikulation. Das Verhalten der Patienten bleibt nicht ohne Auswirkung auf mein eigenes Empfinden und Verhalten. Oft erfordert es viel Geduld, mit uneinsichtigen Patienten umzugehen. Ich empfinde es ebenfalls als kraftraubend, die Aggressionen der Patienten nicht persönlich zu nehmen, was mir nicht immer gelingt.

In der Hoffnung, solcherart schwierige zwischenmenschliche Situationen zufriedenstellender gestalten zu können und konstruktive Möglichkeiten zu finden, um diese Schwierigkeiten zu meistern, habe ich mich im Rahmen meines Pädagogikstudiums mit verschiedenen Kommunikationstheorien auseinander gesetzt.

Im folgenden Artikel möchte ich verschiedene kommunikationstheoretische Aspekte hinsichtlich ihrer Nützlichkeit im Intensivstationsalltag beleuchten.

Zu diesem Zweck stelle ich die wichtigsten Punkte der gängigen Theorien (Schulz von Thun [1], Watzlawick [2], Berne [3]), die auch in die Krankenpflegeliteratur Eingang gefunden haben, dar und analysiere deren Bedeutsamkeit für die Praxis anhand eines konkreten Beispiels. Anschließend möchte ich ein neueres Modell der Kommunikationstheorie, das der Angst- und Reaktionsbildung von Fuhr und Gremmler-Fuhr [4], vorstellen.

Vorwegnehmen möchte ich, dass es mir nicht darauf ankommt, diese Theorien zu verwerfen. Ich bin der Meinung, dass sie im Allgemeinen sehr zum Verständnis von zwischenmenschlicher Kommunikation beitragen, sofern genug Zeit und Interesse vorhanden sind, über Situationen nachzudenken. Das kann aber meistens erst geschehen, wenn die Situation schon vergangen ist.

In dieser kritischen Betrachtung liegt mein Augenmerk darauf, ob die dargestellten Theorien Lösungsansätze für den Zeitpunkt bereithalten, in dem man direkt in eine schwierige Kommunikationssituation involviert ist.

Literatur

  • 1 von Schulz Friedemann  Thun. Miteinander Reden. Reinbek; Rowohlt Verlag GmbH 1998 Bd. 1
  • 2 Watzlawick P, Beavin J H, Jackson D D. Menschliche Kommunikation. Paradoxien, Formen, Störungen Bern; Huber 1993
  • 3 Berne E. Spiele der Erwachsenen. Psychologie der menschlichen Beziehungen Reinbek; Rowohlt Verlag GmbH 1967
  • 4 Fuhr R, Gremmler-Fuhr M. Angst und Reaktionsbildung. Ein Beitrag zur alltäglichen Konfliktbewältigung.  Gestalt Therapie. 2000;  1 (14) 3-30

Brinja Schmidt Krankenschwester/Pädagogikstudentin

Am Steinsgraben 28

37085 Göttingen

Email: brinja-schmidt@web.de

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