NOTARZT 2001; 17(4): 117-119
DOI: 10.1055/s-2001-16342
INTERDISZIPLINÄRER WORKSHOP
Interdisziplinärer Workshop
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Resolution zur Institutionalisierung des „Ärztlichen Leiters Rettungsdienst”

Interdisziplinärer Workshop Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, München, 2./3. März 2001 gemeinsam mit dem Arbeitskreis Notfallmedizin und Rettungswesen (ANR) der Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Notfallmedizin (IfN) Hamburg und unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministerium des Innern
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Die Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschland e. V. (BAND) veranstaltete am 2. und 3. März 2001 in München ihren ersten interdisziplinären Workshop zum Thema „Ärztlicher Leiter Rettungsdienst” (ÄLRD). Ziel der Veranstaltung war es, nach einer aktuellen Bestandsaufnahme über die bisherige Entwicklung des Konzeptes Ärztlicher Leiter Rettungsdienst und die 1995 von der Bundesärztekammer hierzu veröffentlichten Empfehlungen im Hinblick auf notwendige Ergänzungen und Anpassungen zu diskutieren.

Im Rahmen der seit Anfang der 90er Jahre vehement geführten Diskussion über die Kostenexplosion im Gesundheitswesen wurden Forderungen laut nach einem Qualitätsmanagement unter Berücksichtigung der medizinische Effektivität und der ökonomischen Effizienz. Von diesen Bemühungen kann der Rettungsdienst als medizinischer Leistungserbringer nicht ausgeschlossen werden.

Daher hat die Bundesärztekammer 1995 Empfehlungen zum „Ärztlicher Leiter Rettungsdienst” veröffentlicht mit dem primären Ziel, medizinisches Qualitätsmanagement im Rettungsdienst umzusetzen [1]. Dabei konnten auch auf die bereits langjährig existierenden Erfahrungen mit dieser Funktion in der „Schnellen Medizinischen Hilfe” (SMH) der ehemaligen DDR, die auch in die Rettungsdienstgesetze der neuen Bundesländern übernommen wurde, berücksichtigt werden.

Die Inhalte der einzelnen Referate, die Wortmeldungen im Rahmen der Diskussionen sowie eine Zusammenfassung der Workshop-Ergebnisse und eine abschließende Empfehlung der BAND werden in elektronischer Form von der BAND (http://www.band-online.de, http://www.notarzt.de), dem ANR (http://www.anr.de) und dem IfN (http://www.ifn.lbk-hh.de) als pdf-file kostenlos zur Verfügung gestellt.

Die über 140 Teilnehmer setzten sich aus vielen aktiven Ärztlichen Leiter Rettungsdienst sowie aus führenden Vertretern der rettungsdienstlichen Fachministerien, Organisationen, Verbänden und der verantwortlichen Kostenträger zusammen. Der Expertenkreis traf sich, um eine kritische Bestandsaufnahme bestehender ÄLRD-Systeme zu vollziehen und Zukunftsperspektiven für ein effektives notfallmedizinisches Qualitätsmanagement im Rettungsdienst zu erarbeiten.

In seiner Begrüßung erinnerte der ANR-Vorstandsvorsitzende Prof. Schweiberer, an den ersten ANR-Workshop zu dieser Thematik im April 1995 und skizzierte kurz die Entwicklung der letzten fünf Jahre in Bayern. Der BAND-Vorsitzende, Dr. Stratmann, Minden, betonte den zentralen Stellenwert und die Verantwortung des ÄLRD im Hinblick auf strategisches Qualitätsmanagement im Rahmen des sich ständig weiterentwickelnden und in Zukunft möglicherweise anteilig zu restrukturierenden arztbesetzten und nichtarztbesetzten Rettungsdienstes in Deutschland.

Der erste Themenblock befasste sich mit der Bestandsaufnahme der Jahre 1995 bis 2000, in dem Herr Schlaeger, Braunschweig, aktuelle Ergebnisse einer Befragung der BAND präsentierte. Dabei zeigte sich, das bisher nur in einer kleinen Zahl der Landesrettungsdienstgesetze der ÄLRD fixiert ist und die Gestaltungsformen erheblich differieren. Herr Lechleuthner, Köln, als Vertreter des Bundes-Arbeitskreises ÄLRD wies vor allem Dingen auf die unterschiedlichen rettungsdienstlicher Strukturen und Trägerschaften hin, die substanziellen Einfluss auf die Etablierung von ÄLRD-Systemen haben.

Der zweite Themenblock beschäftigte sich mit der beispielhaften Darstellung etablierter ÄLRD-Systeme aus den Städten Köln (Lechleuthner, Köln) und Hamburg (Wirtz, Hamburg), dem Saarland (Schlechtriemen, Saarbrücken) sowie als organisationsinterne Struktur bei der Deutschen Rettungsflugwacht (Weinlich, Filderstadt). Hierbei wurden die unterschiedlich akzentuierten Aufgabenbereiche, Personalmodelle, Ansiedlungen des ÄLRD sowie deren variierende Pflichten und Kompetenzbereiche in unterschiedlichen Systemen deutlich.

Der dritte Themenblock beschäftigte sich mit dem bayerischen Pilotprojekt zur Erprobung des ÄLRD. Herr Bayeff-Filloff, Rosenheim, stellte die Etablierung des Pilotprojektes dar und beschrieb unter anderem die 24,5-tägige Qualifikationsmaßnahme für die ÄLRD in den vier Pilotregionen sowie den Aufbau eines überregionalen Kommunikationssystemes und die zentrale Betreuung durch das TQM-Centrum der Universität München. Herr Nerlich, Regensburg, stellte in seinem Ergebnisbericht die Spannungsfelder in der täglichen Arbeit der ÄLRD dar und beschrieb Verbesserungen der rettungsdienstlichen Struktur- und Prozessqualität, die durch die ÄLRD etabliert werden konnten.

Aus der Sicht der Aufgabenträger und Leistungserbringer im Rettungsdienst zeigte Herr Rechenbach, Hamburg, die Sichtweise einer großen städt. Berufsfeuerwehr auf. Der ÄLRD wird in Hamburg als wesentliche Integrationsfigur für die Vielzahl der am Rettungsdienst unmittelbar oder mittelbar beteiligten Institutionen und Leistungserbringer gesehen und nimmt damit eine Schlüsselrolle in der externen Qualitätssicherung ein. Herr Jung, Frankfurt, stellte für den Rettungsdienst Frankfurt insbesondere das kürzlich stattgehabte Auswahlverfahren und die erforderlichen Schritte zur Berufung des ÄLRD dar. Herr Brandt, München, stellte als Bereichsleiter Rettungsdienst des Bayerischen Roten Kreuzes die Haltung eines großen Leistungserbringers (BRK) zum ÄLRD und akzentuierte unter anderem eine Abgrenzung des ÄLRD zu organisationsinternen Strukturen des Leistungserbringers.

Aus der Sicht der Kostenträger forderte Frau Eschmann, Siegburg, Vertreterin des Bundesverbandes der Angestellten und Arbeiter-Ersatzkassen, bei der Umsetzung des ÄLRD die Kompetenzen durch klare Abgrenzung der Aufgabenbereiche zu regeln und zu stärken. Eine überregionale Vernetzung der ÄLRD-Systeme erscheint ihr eine wichtige Voraussetzung für effektives Handeln zu sein. Herr Zellner, München, verantwortlicher Vertreter der AOK Bayern bekannte sich im Grundsatz klar zustimmend zur regelhaften Implementierung des ÄLRD und formulierte, dass neben der wünscheswerten Qualitätssteigerung durch den Einfluss der ÄLRD eine Kosten-Nutzen-Betrachtung stets beachtet werden muss. Herr Anding, München, beschrieb die Sichtweise des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, der das bayerische Pilotprojekt verantwortet. Er erklärte zusammenfassend, dass sich das bayerische Pilotprojekt, von bayerischen Kostenträgern komplett finanziert, bis zum aktuellen Zeitpunkt hervorragend etabliert hat und aus diesem Erfolg abgeleitet, in Abstimmung mit den Kostenträgern, die bayernweite Etablierung bevorsteht.

Eine abschließende Round-Table-Diskussion der Themen des ersten Workshoptages unter der Moderation von Ahnefeld, Ulm, und Klingshirn, München, rundete den erfolgreichen ersten Tag ab und führte die Teilnehmer bereits in die Gesamtthematik des darauffolgenden Tages ein.

Der zweite Workshoptag war den spezifischen Aufgaben und Verantwortungsbereichen der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst gewidmet. Herr Reindl, Garmisch, sprach zu den Rahmenbedingungen und Grenzbereichen der Delegation ärztlicher Maßnahmen insbesondere in Gegenüberstellung zum so genannten Notkompetenzmodell. Herr Krause, Hamburg, stellte die vielfältigen Aufgaben des ÄLRD im Bereich der Qualifikation des nichtärztlichen Rettungsdienstpersonals dar und machte insbesondere den hohen Zeitaufwand im Schulungs- und Fortbildungsbereich deutlich. Herr Dörges, Lübeck, präsentierte für die Fortbildung des ärztlichen Rettungsdienstpersonals wichtige Aspekte zur formalen Trainingsgestaltung, Qualitätssicherung und kontinuierlichen Umsetzung in der Fortbildung. Herr Dirks, Ulm, zeigte die Grundlagen zum Medizin-Produkte-Gesetz und Arzneimittelrecht auf und fokussierte dabei diesen wichtigen Verantwortungsbereich des ÄLRD. Abschließend sprach Herr Lackner, München, zum Thema Qualitätsmanagement und Strategien zur kontinuierlichen Qualitätsentwicklung und stellte daneben, zusammen mit Herrn Waydhas, Essen, die Erfahrungen bei der realen Etablierung eines QM-Systemes in Kliniken der Maximalversorgung bei der akutklinischen Schwerverleztenversorgung dar.

In der abschließenden Round-Table-Diskussion „ÄLRD 2001 - Zukunftsperspektiven” wurden unter Vorsitz von Herrn Stratmann und Herrn Anding, München, die wesentlichen Ergebnisse des Workshops zusammengefasst und zur Diskussion gestellt.

Literatur

  • 1 Moecke Hp, Stratmann D. Die Empfehlungen der Bundesärztekammer zum „Ärztlichen Leiter Rettungsdienst”.  Notarzt. 1995;  11 99

D. Stratmann,Vorsitzender der BAND, Minden 
K. Anding,Bayerisches Staatsministerium des Innern, München 
Chr. K. Lackner,ANR der Ludwig-Maximilians-Universität, München 
Hp. Moecke,Institut für Notfallmedizin, Hamburg 

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