Viszeralchirurgie 2001; 36(3): 182-185
DOI: 10.1055/s-2001-15014
DAS VISZERALCHIRURGISCHE PRÜFUNGSGESPRÄCH
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ösophaguskarzinom

Oesophageal carcinomaJ. Theisen, J. R. Siewert
  • Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2001 (online)

Frage 1:
Welche Formen des Ösophaguskarzinoms sind bekannt? Wie ist die epidemiologische Verteilung? Welche prädisponierenden Faktoren liegen vor?

Es sind 2 Hauptformen des Ösophaguskarzinoms bekannt. Das Plattenepithelkarzinom und das Adenokarzinom. Die epidemiologische Verteilung des Plattenepithelkarzinoms unterliegt großen regionalen Schwankungen. In der westlichen Welt liegt die Inzidenz bei ca. 3 - 5/100 000 Einwohnern, wogegen z. B. in der Provinz Linxian in Nord China die Inzidenz bei ca. 100/100 000 Einwohnern liegt. In Deutschland liegt die Inzidenz bei ca. 4 - 5 Neuerkrankungen/Jahr auf 100 000 Einwohner. In Gegenden mit hoher Inzidenz scheinen dietätische Faktoren ursächlich beteiligt zu sein. Alkoholkonsum, Zigarettenrauchen und der Verzehr nitrosaminhaltiger Nahrungsmittel sind als Risikofaktoren für die Entstehung eines ösophagealen Plattenepithelkarzinoms anzusehen. Des Weiteren kommt diese Art von Karzinomen gehäuft bei Patienten vor mit Achalasie, Plummer-Vinson-Syndrom und nach vorbestehender Säure-oder Laugenverätzung. In ca. 10 % der Fälle geht das Plattenepithelkarzinom mit Zweitkarzinomen überwiegend im Hals-Nasen-Ohren Bereich oder der Lunge einher.

Das Adenokarzinom des Ösophagus weist keine großen regionalen Schwankungen auf. Es ist vielmehr eine Erkrankung der westlichen Welt eng verknüpft mit vorbestehender intestinaler Metaplasie der Speiseröhre auf dem Boden einer langjährigen Refluxerkrankung. Die Barrett-Metaplasie ist als Präkanzerose anzusehen. Bei über 90 % der Patienten mit Adenokarzinom lässt sich eine Barrett-Metaplasie nachweisen. Im Vergleich zur Normalbevölkerung liegt das Risiko, ein Adenokarzinom des Ösophagus zu entwickeln bei Patienten mit Barrett-Metaplasie 30 - 125-mal höher. Andere Risikofaktoren wie Übergewicht, Alkoholkonsum oder Rauchen konnten bisher nicht sicher etabliert werden. Im Gegensatz zum Plattenepithelkarzinom ist das Adenokarzinom eine Erkrankung der höheren sozialen Schichten. Auffällig ist die Zunahme der Inzidenz über die letzten 15 - 20 Jahren. War die Erkrankung in den 60er und 70er Jahren eher eine Randerscheinung, welche nur ca. 1 % aller Ösophaguskarzinome ausmachte, so sind inzwischen nahezu die Hälfte aller Ösophaguskarzinome Adenokarzinome. Mit einem Zuwachs von ca. 5 % - 10 %/Jahr liegt der Anstieg deutlich über demjeniegen anderen Tumorentitäten [1]. Die Ursachen dieses rasanten Anstiegs sind noch unbekannt. Dietätische Veränderungen im Sinne von hochkalorischer Ernährung und damit eine tendenzielle Gewichtszunahme gepaart mit einer Häufung der Refluxerkrankungen scheinen eine wichtige Rolle zu spielen. Inwieweit die Einführung neuer, potenter Säuresuppressionsmedikamente und die damit veränderten Milieubedingungen im Magen und im regurgitierten Material eine Rolle spielen ist noch nicht abschließend geklärt.

Literatur

Dr. med. J. Theisen

Chirurgische Klinik und Poliklinik
Klinikum rechts der Isar, TUM

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