Zentralbl Chir 2001; 126(4): 322
DOI: 10.1055/s-2001-14738
J.A.Barth Verlag in Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co.KG

Multiviszerale Resektion in Kombination mit intraoperativer, hyperthermer Chemotherapie beim Rezidiv des fibrolamellären, hepatozellulären Karzinoms

Ein individuelles, therapeutisches Konzept bei einem 21jährigen PatientenMultivisceral resection and intraoperative hyperthermic intraperitoneal chemotherapy in recurrent intra- and extrahepatic fibrolamellar carcinoma of the liver. An individual treatment protocol for a 21-year-old patientC. Braune1 , J. Fangmann2 , G. F.W. Scheumann3 , J. Klempnauer3
  • 1Orthopädische Universitätsklinik und Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. L. Zichner), Friedrichsheim Frankfurt/Main
  • 2Klinik für Abdominal-, Transplantations- und Gefäßchirurgie (Direktor: Prof. Dr. J. Hauss), Universitätsklinikum Leipzig
  • 3Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie (Direktor: Prof. Dr. J. Klempnauer), Medizinische Hochschule Hannover
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Hepatozelluläre Karzinome weisen eine der schlechtesten Prognosen von allen gastrointestinalen Tumoren auf. Die 5-Jahresüberlebensrate liegt in den USA bei weniger als 5 %. Deutlich besser ist der Verlauf für junge Patienten mit fibrolamellärem Subtyp beschrieben worden. Durch eine zweimalige multiviszerale Resektion im Bereich der Leber, des Magens, des Kolons sowie des Peritoneums mit konsekutiver Chemotherapie wurde jeweils eine vollständige Tumoreradikation, die auch 12 bzw. 6 Monate nach dem zweiten Eingriff Bestand hatte, erzielt. Der postoperative Verlauf zeigt die hohe Qualität der Chirurgie eines ausgewiesenen Zentrums, welches bekannt ist für seine große Erfahrung in der Viszeralchirurgie.

Das Ausmaß der Erst- sowie Zweitresektion ermöglichte erst die Chance einer Kuration und ist gerade bei diesem Tumortyp mehrfach erfolgreich beschrieben worden [5] [7]. Diskutiert werden muß jedoch kritisch die Anwendung der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie nach der Resektion.

Zahlreiche klinische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Zytostatika haben bisher weder für eine Einzelsubstanz noch für Kombinationstherapien reproduzierbare Remissionsraten über 25 % oder eine wesentliche Verlängerung der Überlebenszeit nachweisen können [2] [4]. Deshalb wird heute nur im Ausnahmefall eine systemische Chemotherapie und dann mit Doxorubicin außerhalb von Studien angeraten [2]. Allerdings sind Beispiele auch aus der eigenen Klinik bekannt, mit vollständiger Rückbildung des Tumors nach intravenöser Chemotherapie. Ebenso liegen Fallberichte vor mit erfolgreichem Down-Staging durch eine systemische Chemotherapie auf eine resektable Größe und daraus resultierendem Langzeitverlauf [1] [5]. Neu ist die intraperitoneale hypertherme Chemotherapie bei dieser Indikation. Dieses Verfahren von Sugarbaker in den USA und einigen japanischen Arbeitsgruppen angewendet, hat bei einigen wenigen Sonderindikationen - z. B. Pseudomyxoma peritonei und evtl. bei zystischen Kolonkarzinomen mit hohem Differenzierungsgrad - einen gesicherten Stellenwert, der allerdings nicht durch prospektive Studien belegt ist [6]. Bei anderen Tumoren, so selbst bei den Ovarialkarzinomen und Magenkarzinomen, ist der Wert nicht gesichert, und gehört heute nicht zum Standardverfahren. Die Toleranz für ein solches Verfahren nach einer ausgedehnten Resektion wurde mehrfach beschrieben und ist mit einem vertretbaren Risiko assoziiert [6]. Aufgrund des hohen Aufwandes eines solchen Verfahrens sollte jedoch nur eine Anwendung bei gesicherten Indikationen erfolgen. Ausgehend von der 6 Monate rezidivfreien Zeit nach der Zweitoperation mit konsekutiver Hyperthermie kann allerdings nicht auf die Wertigkeit des Verfahrens bei der peritonealen Aussaat eines HCC's geschlossen werden. In der Diskussion muß vor allem der Typ des Karzinoms berücksichtigt werden. Hier zeigt der fibrolamelläre Subtyp als indolente Variante des hepatozellulären Karzinoms eine bessere Prognose. Auch ist insgesamt die Prognose eines HCC's schwierig einzuschätzen. So sind durchaus auch spontane Rückbildungen beschrieben worden [3]. Es wäre durchaus auch zu vertreten gewesen, den Patienten entweder prä- oder postoperativ systemisch zu chemotherapieren entsprechend anderen onkologischen Fallberichten [1]. Die abschließende Forderung des Autors, diese hypertherme intraperitoneale Chemotherapie in größeren Studienkollektiven zu evaluieren, stellt einen frommen Wunsch dar, da beim HCC mehr das Rezidiv in der Leber, die begleitende Zirrhose, Knochenmetastasen oder Lungenmetastasen die lebensterminierenden Faktoren darstellen. Fibrolamelläre Tumoren sind jedoch extrem selten und erfolgreiche Behandlungen werden weiterhin wie vor 20 Jahren immer noch als Fallberichte publiziert werden. Da negative Erfahrungen in der Regel weniger interessant erscheinen und nicht publiziert werden, kann der Wert deshalb anhand der Fallberichte nicht objektiv beurteilt werde. Deshalb sollte nochmals vor einer unkritischen Anwendung gerade bei nichtfibrolamellären hepatozellulären Karzinomen gewarnt werden.

Literatur

  • 1 Bower M, Newlands E S, Habib N. Fibrolamellar hepatocellular carcinoma responsive to platinum-based combination chemotherapy.  Clin Oncol (R Coll Radiol). 1996;  8 331-333
  • 2 Colleoni M, Audisio R A, De Braud F, Fazio N, Martinelli G, Goldhirsch A. Practical considerations in the treatment of hepatocellular carcinoma.  Drugs. 1998;  55 367-382
  • 3 Markovic S, Ferlan-Marolt V, Hlebanja Z. Spontaneoud regression of hepatocellular carcinoma.  Am J Gastroenterol. 1996;  91 392-393
  • 4 Okada S. Chemotherapy in hepatocellular carcinoma.  Hepatogastroenterology. 1998;  45 (Suppl 3) 1259-1263
  • 5 Sugarbaker P H. Management of peritoneal-surface malignancy: the surgeon's role.  Langenbecks Arch Surg. 1999;  384 576-587
  • 6 Tanaka A, Takeda R, Yamamoto H, Utsunomiya H, Okamura R, Kataoka M, Muikaihara S, Yamaoka Y. Extrahepatic large hepatocellular carcinoma with peritoneal dissemination: multimodal treatment, including four surgical operations.  J Hepatobiliary Pancreat Surg. 2000;  7 339-344
  • 7 Zografos G N, Palmer S, Papstratis G, Habib N A. Aggressive surgical management of fibrolamellar hepatocellular carcinoma in puberty.  Eur J Surg Oncol. 1997;  23 570-572

Prof. Dr. M. Lorenz

Klinik für Allgemein- und Gefäßchirurgie
Johann Wolfgang Goethe-Universität

Theodor-Stern-Kai 7

D-60590 Frankfurt/M.





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