Aktuelle Urol 2000; 31(7): 445-450
DOI: 10.1055/s-2000-9488
URETER
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Operative Therapie des retrokavalen Ureters

G. D'Elia, R. Wammack, R. Hohenfellner
  • Urologische Klinik und Poliklinik, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Einleitung

Die Bezeichnung retrokavaler Ureter beschreibt eine anatomische Anomalie des rechten oberen Harntraktes bedingt durch die Entwicklungsstörung der Vena cava. Das Metanephron entwickelt sich im Becken und migriert durch einen Ring von venösen Embryonalgefäßen nach proximal. Die suprakardinalen Venen bilden die infrarenale Vena cava inferior und liegen dorsal des Ureters. Die posterioren Kardinalvenen sowie die subkardinalen Venen (spätere Gonadalvene) liegen hingegen ventral der definitiven Ureterposition. Physiologischerweise kommt es zu einer kompletten Regression der posterioren Kardinalvenen unterhalb der Nierenvene, so dass der rechte Ureter eine normale Lage ventral der sich entwickelnden infrarenalen Vena cava inferior (Suprakardinalvenen) einnimmt. Eine Persistenz der posterioren Kardinalvenen als infrarenale Vena cava inferior führt zu einem retrokavalen Verlauf des rechten Ureters, der wie eine Spirale um die missgebildete Vena cava inferior von kranial dorsal nach kaudal ventral verläuft.

Man unterscheidet zwei Typen des retrokavalen Ureters. Der Typ I ist gekennzeichnet von einer abrupten Harnleitermedialisierung in Höhe seines proximalen Drittels (in Form eines umgekehrten „J”), von einem intraaortocavalen Verlauf in Höhe des mittleren Drittels und von einer erneuten Lateralisierung mit Verlauf ventral der Vena cava in Höhe des distalen Drittels, bis zu einer orthotopen Blaseneinmündung (zirkumkavaler Ureter). Der Typ II ist gekennzeichnet durch eine einfache Schleifenbildung des rechten Harnleiters hinter der Vena cava inferior (retrokavaler Ureter).

Der abnorme Verlauf des rechten Ureters kann zu verschiedenen Stadien der Ureterkompression führen. Asymptomatische Patienten ohne oder mit nur erstgradiger Dilatation des oberen Harntraktes, bei denen die kongenitale Anomalie als Zufallsbefund diagnostiziert wird, bedürfen keiner Therapie und können verlaufsbeobachtet werden. Von klinischer Bedeutung ist der symptomatische Patient mit urodynamisch relevanter Harntransportstörung und/oder rezidivierenden Harnwegsinfekten oder Steinbildung.

Bei erhaltener Nierenfunktion kommt die rekonstruktive Ureterchirurgie zum Einsatz. Die Durchtrennung des distalen Anteils des dilatierten proximalen Harnleiters mit konsekutiver Ventralverlagerung des distalen Harnleiterstumpfes vor der Vena cava inferior und anschließender Nierenbeckenplastik stellt die Methode der Wahl dar.

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Dr. med G D'Elia

Urologische Klinik und Poliklinik der Johannes Gutenberg-Universität

Langenbeckstr. 1 D-55131 Mainz

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