Zusammenfassung
Mit dem perinealen Seitenschnitt war die Blasensteinoperation zu einem festen Bestandteil
der um 1800 aufstrebenden wissenschaftlichen Chirurgie geworden; weltweit betrachtete
man dieses Vorgehen als Lithotomie der Wahl. Zu dieser Entwicklung hat der Göttinger
Chirurg C. J. M. Langenbeck mit seiner Operationslehre „Über eine einfache und sichere
Methode des Blasensteinschnittes” (1802) einen überzeugenden Beitrag geleistet. Seine
Argumente für den damals noch riskanten Eingriff fußen auf subtilen Kenntnissen der
topographischen Anatomie des unteren Harntraktes und der Genitalorgane verbunden mit
einem außergewöhnlichen chirurgischen Geschick. Anatomie und Chirurgie bilden für
ihn eine untrennbare Einheit. Seine chirurgischen Lehrer Loder (Jena), Vater und Sohn
v. Siebold (Würzburg) und Richter (Göttingen) zählen zu den besten der Zeit. Nach
kurzer praktischer Tätigkeit als Wundarzt und zwei intensiven Studienaufenthalten
im für Mediziner sehr attraktiven Wien verbringt er sein fast 50jähriges Hochschullehrerleben
an der Georgia Augusta in Göttingen, der er trotz ehrenvoller Rufe an andere Universitäten
treu bleibt. Er errichtet zwei chirurgische Hospitäler und ein vorbildliches Theatrum
Anatomicum (1829). Das umfangreiche literarische Werk und seine imposante Persönlichkeit
am Operations- und Sektionstisch locken viele Gastärzte aus aller Welt - von den USA
bis Rußland - in das sog. Leine-Athen. Dabei verdienen die auf urologischem Gebiet
gesetzten Akzente heute noch unsere Aufmerksamkeit.
Literatur
- 1 Doerner C F. Über die Wahl einer Steinschnitts-Methode. Aus: J. B. von Siebolds
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Vom Schaffen der Chirurgen Göttingens in ihren Arbeitsstätten.
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- 4 Hirsch A. Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte. München - Berlin: Urban-Schwarzenberg-Verlag
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- 6 Meinhardt G. Die Universität Göttingen. Göttingen: Musterschmidt-Verlag 1977
- 7 Nöske H D. Lithotomia vesicae. München: Zuckschwerdt-Verlag 1982
- 8 Pirogow N I. Lebensfragen. Tagebuch eines alten Arztes. Stuttgart: Cotha-Verlag
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- 9 Saathoff A. Geschichte der Stadt Göttingen. Göttingen: Vandenhoeck-Ruprecht-Verlag
1937
- 10 Stromeyer G FL. Erinnerungen eines deutschen Arztes. Hannover: C. Rümpler-Verlag
1875
- 11 Toellner R. Carl Christian von Klein. Stuttgart: G. Fischer-Verlag 1965
Prof. Dr H.-D Nöske
Univ. Oberstarzt d. R.Urologische Klinik der Justus Liebig-Universität Gießen
Klinikstr. 29 35385 Gießen