Z Onkol 2000; 32(3): 65-71
DOI: 10.1055/s-2000-11217
Originalia

Karl F. Haug Verlag in MVH Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co. KG

Wirksamkeit korreliert mit dem Menopausenstatus

Adjuvante Chemotherapie des MammakarzinomsVolker  Möbus
  • Städtische Kliniken, Frauenklinik, Frankfurt a.M.
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Der Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie des Mammakarzinoms kann eindrucksvoll belegt werden. In Zukunft werden die Dosisintensität hochwirksamer Substanzen wie der Anthrazykline, die Integration neuer Substanzen sowie die Frage der Sequenzierung an Bedeutung gewinnen. Vorteile können sich auch durch den Einsatz einer kombinierten Chemo- und Hormontherapie ergeben. Bei der Hochdosis-Chemotherapie zeichnet sich ein positiver Trend ab; endgültige Ergebnisse müssen aber noch abgewartet werden.

Empfehlungen zur adjuvanten Chemotherapie des Mammakarzinoms sollten immer vor dem Hintergrund der Ergebnisse der aktuellen Metaanalyse der &„Early Breast Cancer Trialists Collaborative Group”([1], [2]) und der„Internationalen Konsensuskonferenz zur adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms in St. Gallen”erfolgen. Wir gehen zu Beginn auf diese Ergebnisse und Empfehlungen ein, bevor neue Studienergebnisse und Therapiekonzepte diskutiert werden.

Der Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie konnte auch in der neuesten Metaanalyse wiederum eindrucksvoll belegt werden. Das Ausmaß der Wirksamkeit der Chemotherapie korreliert mit dem Menopausenstatus der Patientin. So wird die Rezidivwahrscheinlichkeit bei Frauen unter 50 Jahren relativ um 35 %, bei Frauen zwischen 50-69 Jahren nur um 20 % gesenkt. Die relative Reduktion der Mortalität beträgt 27 % bei Frauen unter 50 Jahren und 11 % bei Frauen zwischen 50-69 Jahren.

Diese Unterschiede waren sowohl für post- wie für prämenopausale Frauen signifikant im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe. Wie sind die Ergebnisse zur absoluten Verbesserung des 10-Jahres-Überlebens? Auch hier gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Benefit und dem Menopausenstatus. Der absolute Unterschied im 10-Jahres-Überleben beträgt 7-11 % bei Frauen jünger als 50 Jahre, aber nur 2-3 % bei Frauen zwischen 50-69 Jahren.

Der relative Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie war nahezu identisch für nodal negative wie nodal positive Patientinnen, während der absolute Gewinn für nodal positive Patientinnen größer war. So führte die adjuvante Therapie mit CMF oder einem anthrazyklinhaltigen Regime zu einer absoluten Verbesserung des 10-Jahres-Überlebens von 7 % bei nodal negativen und von 11 % bei nodal positiven Patientinnen.

Hormonrezeptorpositiv waren in der letzten Metaanalyse per definitionem Patientinnen mit einem Rezeptorgehalt von ≥ 10 fmol/mg Protein. Während sich bei einer Einnahme von Tamoxifen über die Dauer von einem oder zwei Jahren für dieses Kollektiv kein Benefit einer kombinierten Chemo- und Hormontherapie im Vergleich mit einer alleinigen Tamoxifentherapie fand, kam es bei einer Einnahmedauer von Tamoxifen über 5 Jahre bei zusätzlicher Chemotherapie zu einer Senkung der Mortalität um 47 %!

Im Vergleich hierzu führte die alleinige 5-jährige Tamoxifentherapie nur zu einer Senkung der Mortalität von 22 % im Vergleich mit einer unbehandelten Kontrollgruppe. In Ergänzung zu einer Vielzahl von Einzelstudien läßt also auch die aktuelle Metaanalyse deutlich erkennen, dass eine kombinierte Chemo- und Hormontherapie (Tamoxifen für fünf Jahre!) bei hormonrezeptorpositiven Patientinnen von zusätzlichem Vorteil sein könnte. Dies muß bei der Aufklärung der Patientin Berücksichtigung finden.

Die Therapieempfehlungen der 6. Internationalen Konferenz zur adjuvanten Therapie des primären Mammakarzinoms in St. Gallen 1998 differenzieren bekanntlich zwischen dem nodal negativen und dem nodal positiven Mammakarzinom. [Tab. 1] zeigt die Einteilung in Risikogruppen für das nodal negative Mammakarzinom.

Als hormonrezeptornegativ gelten Tumoren, deren Rezeptorgehalt ≤ 10 fmol/mg Cytosolprotein ist oder die ≤ 10 % immunhistochemisch angefärbte Zellen aufweisen. Problematisch erscheint, dass unverändert G2-Tumoren sowohl unter mittlerem wie unter hohem Risiko subsumiert werden.

Tab. 1: Definition der Risikogruppen beim nodal negativen Mammakarzinom Prognosefaktoren Niedriges Risiko* Mittleres Risiko* Hohes Risiko** Tumorgröße T < 1 cm T 1,0 - 2,0 cm T > 2,0 cm Hormonrezeptoren ER+ und/oder PR+ ER+ und/oder PR+ ER- und PR- Grading G 1 G 1 und G 2 G 2 und G 3 Altera > 35 Jahre > 35 Jahre ≤ 35 Jahre * alle Kriterien müssen erfüllt sein ** ein Kriterium muss erfüllt sein

Die wesentliche Änderung im Vergleich zu 1995 sind die weitgehenden Empfehlungen zum kombinierten Einsatz der Chemo- und Hormontherapie bei rezeptorpositiven prä- und postmenopausalen Patientinnen sowie die Empfehlung, bei rezeptornegativen Patientinnen kein Tamoxifen zu geben. Für eine Chemotherapie müssen sowohl Patientinnen mit mittlerem wie mit hohem Risiko in Betracht gezogen werden (vgl.[ Tab. 2]).

Tab. 2: Empfehlungen der 6. Internationalen Konsensuskonferenz zur adjuvanten Therapie des nodal negativen Mammakarzinoms Niedriges Risiko Mittleres Risiko Hohes Risiko Prämenopause ER und/oder PR positiv Keine vs. TAM TAM ± CT CT + TAM ER/PR negativ Entfällt* Entfällt* CT Postmenopause ER und/oder PR positiv Keine vs. TAM TAM ± CT TAM ± CT ER/PR negativ Entfällt* Entfällt* CT Senium ER und/oder PR positiv Keine vs. TAM TAM ± CT TAM ER/PR negativ Entfällt* Entfällt* CT (CT nur, wenn volle Dosis) * ER- und PR-Negativität = hohes Risiko

Bei der Indikationsstellung zu einer Chemotherapie besteht unverändert die Empfehlung zu sechs Zyklen CMF oder vier Zyklen AC. Betont wurde noch einmal, dass bei der Entscheidung zu CMF entweder das klassische CMF-Schema (Endoxan oral Tag 1-14) oder bei ausschließlich intravenöser Gabe die Applikation an Tag 1 und 8 pro Zyklus zur Anwendung kommen muss. Die Gabe von sechs Einzelzyklen CMF im 3-wöchigen Abstand wird als nicht ausreichend betrachtet.

Die Therapieempfehlungen für Patientinnen mit Tumorbefall der axillären Lymphknoten sind in [Tab. 3] zusammengefasst. Auch hier ist die wesentliche Änderung die umfassende Indikationsstellung zu einer kombinierten Chemo-/Hormontherapie. Während bei nodal positiven Patientinnen die Chemotherapie alternativ aus sechs Doppelzyklen CMF und vier Zyklen Adriamycin bzw. Epirubicin und Cyclophosphamid bestehen kann, bleibt bei nodal negativen Patientinnen die CMF-Therapie das Regime der ersten Wahl.

Tab. 3: Empfehlungen der 6. Internationalen Konsensuskonferenz zur adjuvanten Therapie des nodal positiven Mammakarzinoms Menopausenstatus Hormonrezeptor Adjuvante Behandlung Prämenopause ER+ und/oder PR+ CT + TAM ER- und PR- CT Postmenopause ER+ und/oder PR+ TAM + CT ER- und PR- CT Senium ER+ und/oder PR+ TAM + CT ER- und PR- CT

Wiederholt wurde darauf aufmerksam gemacht, dass bei bestehender Indikation zu einer Chemotherapie diese konsequent und ohne Dosisreduktion durchgeführt werden muss. Dies gilt nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund einer kürzlich publizierten Studie, in der unter prospektiv randomisierten Bedingungen gezeigt werden konnte, dass eine Dosisreduktion zu einer signifikanten Verschlechterung der Prognose führt (Budman 1998).

Problematisch bleibt bei den Therapieempfehlungen zum nodal positiven Mammakarzinom, dass keine differenziertere Empfehlung zur adjuvanten Chemotherapie in Abhängigkeit von der Anzahl der befallenen Lymphknoten getroffen wurde. Auf diesen Sachverhalt wird im folgenden Bezug genommen werden.

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Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Volker Möbus

Städtische KlinikenFrauenklinik

Gotenstr. 6-8

65929 Frankfurt a.M.

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