Z Onkol 2000; 32(4): 96-103
DOI: 10.1055/s-2000-11214
Originalia

Karl F. Haug Verlag in MVH Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co. KG

Infrarot-Wärmekabine als milde Ganzkörper-Hyperthermie

Infrarot-C-Strahlung in Harmonisierung auf das Strahlungsprofil des MenschenWerner Richter1 , Wolfgang  Schmidt2 , Kurt Schmidt3
  • 1Prof. Dr.-Ing. habil. W. Richter, Leipzig
  • 2Prof. Dr. med. habil. W. Schmidt, Greifswald
  • 3Ing. K. Schmidt, Leipzig
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Publication History

Publication Date:
31 December 2000 (online)

Einführung

Die Zufuhr von Wärmeenergie in den menschlichen Körper kann auf physikalischem Wege durch Wärmeleitung oder über elektromagnetische Strahlung erfolgen. Strahlungsenergie mit Wellenlängen im Meter-, Dezimeter- und Millimeterbereich und vor allem die Infrarotstrahlung gehören zu den Energieformen, die sich erst im Körpergewebe in Wärme umwandeln.

Infrarotstrahlung aus dem Wellenlängenbereich (0,78 ... 1,5) µm, als Infrarot-A-Strahlung bekannt, wird in unterschiedlichen Formen eingesetzt. Nahe den Wellenlängen des sichtbaren Lichtes (0,38 ... 0,78) µm gelegen (siehe [Bild 1]), kann sie methodisch relativ einfach und in berührungsfreier Form zum Wärmeeintrag genutzt werden.

Manfred von Ardenne [[1]-[3]] und Martin Heckel [[4], [5]] waren in Deutschland die Pioniere und Wegbereiter der medizinisch-therapeutischen Anwendung von Infrarot-A-Strahlen in den vergangenen Jahrzehnten. Von Ardenne entwickelte ein Infrarot-A-Ganzkörper-Hyperthermiegerät, bei dem durch Wasserfilterung die reine, tiefenwirksame Infrarot-A-Strahlung zur Anhebung der Körperkerntemperatur genutzt wird. Der Patient liegt auf einem Netz. Bei der moderaten Ganzkörper-Hyperthermie wird er nur von unten, bei der extremen Ganzkörper-Hyperthermie zusätzlich von oben bestrahlt. Die von Heckel konzipierten Hyperthermiegeräte nutzen eine indirekte reflexionsgestreute Infrarotstrahlung mit einem Maximum im Infrarot-A-Bereich (1 µm). Der Patient liegt dort in einem Zeltaufbau aus reflektierenden und wärmestauenden Folien.

Bild 1: Ausschnitt aus dem elektromagnetischen Wellenspektrum

Heckel [[4]] unterscheidet bei Verfahren zur kontrollierten, jederzeit steuerbaren Ganzkörper-Hyperthermie drei prinzipiell unterschiedliche Formen:

Die konduktive Ganzkörper-Hyperthermie mit Wärmezufuhr über die Körperoberfläche durch Kontaktmedien wie Luft, Wasser oder amorphe Wärmeträger oder über das extrakorporal erwärmte und dem Körperkreislauf wieder zugeführte Blut. Die induktive Ganzkörper-Hyperthermie, bei der die berührungsfrei einwirkende elektrische Hochfrequenzenergie im Körpergewebe selbst Wärme freisetzt. Die Infrarot-Hyperthermie, bei der die Infrarotstrahlung die temperaturempfindlichen obersten Schichten der Haut durchdringt und erst in einer Tiefe absorbiert wird, wo das fließende Blut die freiwerdende Wärme rasch abführt und im Körper verteilt.

Hinsichtlich Temperaturhöhe, Verträglichkeit und biologischer Effektivität wird die extreme Ganzkörper-Hyperthermie mit Anhebung der Körpertemperatur auf etwa 42 °C von der moderaten (38-40 °C) und der milden (bis 38 °C) Ganzkörper-Hyperthermie abgegrenzt. Für eine Anhebung der Körperkerntemperatur auf Werte unter 40 °C wird zunehmend der Begriff fieberähnliche Ganzkörper-Hyperthermie verwendet [[6]].

In idealer Weise lässt sich hier als Mittel der milden Ganzkörper-Hyperthermie die Nutzung einer Infrarot-Wärmekabine mit der längerwelligen Infrarot-C-Strahlung anschließen, welche nach 60 Minuten Schwitzen eine Anhebung der Körperkerntemperatur bis 38 °C und bei der empfohlenen Aufenthaltsdauer von 20 bis 30 Minuten eine Rektaltemperatur bis 37,5 °C zur Folge hat. Die Kabine ermöglicht damit auch im nichtmedizinischen Bereich breiteste Anwendung im häuslichen Milieu für alle Menschen - mit Bezug auf die positiven Ergebnisse bei chronischen Krankheitsprozessen durch fieberähnliche Ganzkörper-Hyperthermie [[7]-[21]].

Unsere Forschungsgruppe „Infrarotstrahlung”mit Wissenschaftlern der Medizin und Biochemie, der Physik und Technik aus Greifswald, Rostock, Leipzig und Neubrandenburg arbeitet seit 1999 an der Entwicklung einer Infrarot-Wärmekabine mit biophysikalischer Optimierung bei gleichzeitiger biomedizinischer Validierung der biologischen Effektivität des Schwitzens durch Infrarot-C-Strahlung auf den gesunden und kranken Organismus. In einer von uns entwickelten Kabine wird langwellige Infrarotstrahlung mit einem Maximum bei ca. 8,5 µm Wellenlänge angewendet.

Literatur

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  • 3 Lippmann H. G., Schmidt W., Schilling W., Löffler J., Graichen D., Preißler J., Schwarzbach Ch.. Klinische Prüfung des Krebs-Mehrschritt-Therapie-Konzeptes '74 nach M. v. Ardenne.  Radiobiol. Radiother.. 1981;  22 568-580
  • 4 Heckel M.. Ganzkörper-Hyperthermie und Fiebertherapie. Grundlagen und Praxis. Hippokrates, Stuttgart 1990
  • 5 Heckel M.. Ganzkörpererwärmung und steuerbare Hyperthermie mittels tiefpenetrierender kurzweilliger Infrarotstrahlung.  Med. Welt. 1970;  21 308-313
  • 6 Kleef R.. Die milde und moderate Ganzkörperhyperthermie. Naturheilverfahren. Springer Loseblatt Systeme 2000
  • 7 Schmidt W., Morczek A., Wichert K.. Tierexperimentelle Untersuchungen zur Beurteilung der Reagibilität des hämatropoetischen Systems nach zytostatischer Belastung mittels Adrendin- und Pyrasidtest.  Radiobiol. Radiother.. 1972;  13 93-103
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  • 19 Flick H.. Fallgeschichte: moderierte Ganzkörper-Hyperthermie als Additiv in der postoperativen Chemotherapie und Sekundärprophylaxe eines Dukes-C-Rolonkarzimons. Vortrag auf dem Anwendertreffen ‚Milde und moderate Ganzkörper-Hyperthermie nach Heckel’. in Soest 16.-17..09..2000
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  • 21 Kern D.. Ganzkörper-Hyperthermie bei chronischen Entzündungen der Atemwege.  Vortrag auf dem Anwendertreffen ‚Milde und moderate Ganzkörper-Hyperthermie nach Heckel’. in Soest 16.-17.. 09.. 2000
  • 22 Baehr H., Stephan K.. Wärme- und Stoffübertragung. Berlin Heidelberg New York: Springer Verlag 1994
  • 23 Rietschel H., Esdorn H.. Raumklimatechnik. Band 1: Grundlagen. Berlin Heidelberg New York: Springer Verlag 1994
  • 24 Recknagel-Sprenger-Schramek/Schrameck; E.-R.(Hrsg) .Taschenbuch für Heizung und Klimatechnik. 68. Aufl. München Oldenborug Verlag 1999
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  • 27 Richter W.. Elektrische Messtechnik. 3. Aufl. Berlin VDE-Verlag Verlag Technik; Offenbach 1994
  • 28 Richter W.. Wärmeübertragung durch Strahlung. Manuskript, Döbeln 2000
  • 29 Mess- und Auswertungsbericht WEKA Wärmekabine. WIBAU Technologietransfer GmbH Leipzig 1999
  • 30 Untersuchungsbericht Thermografische Untersuchungen der spektralen Abstrahlcharakteristik an Flächenheizelementen einer Wärmekabine. JENOPTIK Laser, Optik, Systeme GmbH Jena 2000
  • 31 Piazena H.. Bericht zur Vermessung einer Infrarot-Bestrahlungskabine. Berlin 2000
  • 32 Richter W.. Mess- und Auswertungsbericht Messung elektrischer und magnetischer Felder in WEKA-Wärmekabinen. Döbeln 2000

1 So ist zum Beispiel die weitgehende Absorption der kosmischen Höhenstrahlung oder der UV-Strahlen essentiell wichtig für alle Lebewesen auf der Erde.

2 Im globalen Energiehaushalt der Erde ist der überwiegende Teil der Wärmestrahlung „atmosphärische Gegenstrahlung”, d.h. von der Erde wird kurzwellige Sonnenstrahlung absorbiert, als langwellige Wärmestrahlung in den Weltraum und in die Atmosphäre abgegeben und aus der Atmosphäre zur Erde gerichtet wieder emittiert [[23]].

3 Die Herleitung soll hier unterbleiben; Interessenten seien auf die Fachliteratur verwiesen [[22]] [[23]] [ [24]] [[25]] [ [26]]

4 Patente angemeldet.

5 Der in der öffentlichen Diskussion gelegentlich auftauchende Begriff „Elektrosmog” hat keine wissenschaftlich fundierte Grundlage. Er wird oft negativ gebraucht und ist damit geeignet, Vorbehalte oder sogar Ängste zu erzeugen. Vom ingenieurtechnischen Standpunkt aus ist er abzulehnen; sachlich richtig ist der Begriff „Elektromagnetische Verträglichkeit".

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