Zusammenfassung
Im Rahmen des Reha-Qualitätssicherungsprogramms der gesetzlichen Rentenversicherung
wurde ein auf die spezifischen Belange der Suchterkrankung zugeschnittenes Verfahren
zur Beurteilung der Prozessqualität entwickelt. Das Peer Review-Verfahren nutzt dabei
als Informationszugang zu den Prozessabläufen die nach einem einheitlichen Raster
erstellten Entlassungsberichte der Patienten. Pro Klinik zufällig ausgewählte Berichte
werden von erfahrenen und geschulten Fachkollegen (Peers) auf der Grundlage einer
detaillierten Liste qualitätsrelevanter Prozessmerkmale und eines Manuals bewertet.
Die bereits bei anderen rehabilitativen Indikationen erprobte Methode des Peer-Reviews
zeigt bei der empirischen Überprüfung auf der messtechnischen Ebene auch gute bis
zufriedenstellende Kennwerte für den Bereich der Abhängigkeitserkrankungen. Das Verfahren
erlaubt eine differenzierte Beschreibung und Analyse der Stärken und Schwächen bei
der Durchführung der rehabilitativen Behandlungsmaßnahmen. Ein ausgearbeitetes Rückmeldungssystem,
das die Ergebnisse der eigenen Klinik vor dem Hintergrund vergleichbarer Suchtkliniken
darstellt, schafft die Voraussetzung für eine Optimierung der Verlaufsprozesse. Sich
aus dem Peer-Review ergebende Möglichkeiten wie auch mit dem Verfahren verbundene
Probleme werden ausführlich diskutiert.
Process Quality in the Inpatient Rehabilitation of Substance Dependency Patients
As part of the quality assurance program of the German state pension scheme's section
for medical rehabilitation, a procedure for the evaluation of process quality was
developed. This peer review procedure is tailored to the specific demands of substance
dependency treatment. It utilizes the patients’ medical discharge reports, which are
drawn up using a standardized format as a source of information regarding the procedural
quality of rehabilitation processes. The selected reports, chosen randomly from each
clinic, are evaluated by experienced and trained specialists in the same field (peers)
on the basis of both a detailed list of quality-related procedural characteristics
and a manual. In an empirical evaluation, the peer review method,which has already
been tested with regard to other rehabilitative indications, also sachieves satisfactory
to good results in the field of substance dependency. The procedure allows for a differentiated
description and analysis of the strengths and weaknesses of rehabilitative treatment
measures. A detailed feedback system, permits performance data for individual clinics
to be compared with data for other, similar against the dependency clinics, makes
it possible to optimize the processes. Options for improving treatment which are offered
by the peer review method of evaluation, as well as problems associated with this
method, are discussed in detail.
Schlüsselwörter
Qualitätssicherung, Abhängigkeitserkrankungen, Prozessqualität, Peer Review-Verfahren
Key words
Quality Assurance - Substance Dependency - Process Quality - Peer-Review
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1 Darstellungen zur Entwicklung, Methodik und Umsetzung des 5-Punkte-Programms lassen
sich u. a entnehmen bei Müller-Fahrnow [4], Schliehe [5], Egner et al. [6] und VDR
[7].
2 Orthopädie/Rheumatologie, Kardiologie, Onkologie, Neurologie, Pneumologie und Gastroenterologie
3 Allerdings reduzierte sich dieser Umfang bei einzelnen der in den nachfolgenden Abschnitten
dargestellten Analysen aufgrund fehlender Angaben in begrenztem Ausmaß.
4 Die Stichprobe der Kontrollberichte wurde zufällig aus der Gesamtgruppe der Entlassungsberichte
gezogen. Die Peers hatten in der Regel jeweils fünf Kontrollberichte zu beurteilen;
stammte ein zu bewertender Kontrollbericht aus der eigenen Klinik eines Peers, war
er entsprechend den Regeln des Gesamtverfahrens nicht zu bearbeiten; in diesem Fall
bewertete der Peer nur vier Kontrollberichte.
Dipl.-Psych. Stephan Kawski
Forschungsgruppe Qualitätsmanagement Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf Abteilung
für Medizinische Psychologie
Martinistraße 52, Pav. 69
20246 Hamburg
Email: kawski@uke.uni-hamburg.de