Zusammenfassung
Fragestellung: Die peripartale Asphyxie bzw. schwere
Azidose gilt als bedeutender Risikofaktor neonataler Morbidität und späterer
neurologischer Schäden. Trotzdem sind wichtige Fragestellungen im Zusammenhang
mit dem Krankheitsbild bisher relativ wenig und nur an kleinen Kollektiven
untersucht. In der vorliegenden Arbeit wird deshalb folgenden Fragen nachgegangen:
1. Gibt es Schwangerschaftsrisiken, deren Beobachtung das Auftreten einer
schweren fetalen Azidose unter der Geburt relativ wahrscheinlich macht? 2.
Lassen sich prädiktive Faktoren für das Auftreten neurologischer
Auffälligkeiten im Alter von 18 Monaten bei Kindern mit schwerer Azidose
unter der Geburt nachweisen?
Methode: In diese epidemiologisch prospektive Untersuchung
wurden Daten von 25 reifen Neugeborenen aus Einlingsschwangerschaften ohne
asphyxierelevante Fehlbildungen einbezogen, die zwischen Januar 1990 und Mai
1996 mit einem Nabelschnurarterien-pH-Wert (NapH) < 7,00 in der
Universitäts-Frauenklinik Erlangen zur Welt gekommen sind. Es handelt
sich dabei um dokumentierte Schwangerschaftsrisiken (Mutterpaß, Geburtsjournal),
das Ergebnis der postpartalen Blutgasanalyse (NapH-Wert, Basendefizit), die
Apgar-Werte nach 1, 5 und 10 min, sowie um Häufigkeit und Ausprägung
einer hypoxämisch-ischämischen Enzephalopathie (HIE) im Neugeborenenalter.
Mit Ausnahme eines im Alter von 15 Monaten verstorbenen Kindes wurde das gesamte
Kollektiv mindestens bis zum Alter von 18 Monaten entsprechend einem standardisierten
Untersuchungsprotokoll neuropädiatrisch nachuntersucht.
Ergebnisse: Die Schwangerschaften, bei denen es
zu einer schweren peripartalen Azidose kam, wiesen präpartal ein ähnliches
Risikoprofil auf wie die übrigen in unserer Klinik betreuten Graviditäten
und die bayernweit beobachteten Schwangerschaften (Bayerische Perinatalerhebung).
Von den 25 Kindern mit schwerer Azidose verstarb eines im Alter von 15 Monaten
an den Folgen einer schweren HIE. Ein zweites wies im Alter von 18 Monaten
eine Hemiparese auf. Fünf weitere Kinder zeigten eine leichte Entwicklungs-
und/oder Koordinationsstörung. Unauffällig waren 18 der 25 Kinder
im Alter von 18 Monaten. Als prognostisch günstig erwiesen sich folgende
Parameter: 1-Minuten-Apgar > 7, Basendefizit ≤ 16 mmol/l
und das Ausbleiben einer HIE in der Neonatalzeit.
Schlußfolgerung: Die Prognose schwerer peripartaler
Azidosen bei reifen Einlingen ist im Einzelfall grundsätzlich offen:
Von einem zwangsläufig auftretenden neurologischen Spätschaden darf
unabhängig von der Ausprägung der Azidose und des Basendefizits
nicht ausgegangen werden.
Abstract
Purpose: Intrapartum severe acidosis is a risk factor
for neonatal morbidity, but the impact on subsequent neurologic dysfunction
in childhood is still unclear. We aimed at clarifying the following questions:
1. Is it possible to predict severe intrapartum acidosis from prepartum risk
factors? 2. Are there predictive factors of neurological outcome at 18 months
in term fetuses with severe acidosis at birth?
Methods: We assessed data of 25 term fetuses (singleton
pregnancies) without major congenital abnormalities born between January 1990
and May 1996 in the University Hospital of Erlangen/Germany with an umbilical
arterial cord pH of < 7.00. The antepartum risk factors were
collected from the medical records. Postpartum the result of the blood gas
analysis in the umbilical artery (pH, base deficit), the APGAR-values at 1,
5 and 10 min and the occurrence of hypoxaemic-ischaemic encephalopathy
(HIE) in the newborn were registered and compared with the neurodevelopmental
status in these children at the age of 18 months.
Results: No apparint difference in antepartum risk
factors was observed in pregnancies with severe intrapartum acidosis in comparison
to all pregnancies in the University Hospital of Erlangen and in the state
of Bavaria. Neurological assessment found 18 of the 25 term fetuses with severe
intrapartum acidosis to be free from neurological deficits at the age of 18
months, while 5 demonstrated mild developmental delays or tone abnormalities.
One had major motor defects and one child died at the age of 15 months. The
highest proportion of unimpaired children was found when either the base deficit
in the umbilical artery was ≤ 16 mmol/L, the APGAR-score
at 1 min was > 7 or HIE was not observed in the neonatal period.
Conclusion: Severe intrapartum acidosis in healthy
term infants occurs most often without apparent risk factors in pregnancy.
A prognosis of unfavourable neurodevelopmental outcome in the individual case
cannot be made on the basis of severe intrapartum acidosis at birth.