Zusammenfassung
Fragestellung und Ziel: Die Pathogenese der Epicondylitis
lateralis humeri wird immer noch unterschiedlich diskutiert, ebenso die Frage
einer adäquaten chirurgischen Therapie. Da das Schmerzfeld der Epikondylitis
wie auch die koinzidenten Schmerzareale und Sensibilitätsstörungen
im Bereich der Hand ausschließlich durch Fasern des N. radialis versorgt
werden, wurde von uns für die Behandlung therapieresistenter Fälle
bereits 1962 ein Operationsverfahren zur kompletten Denervation der lateralen
Epikondylenregion vorgeschlagen. Ziel und Zweck dieser Arbeit ist es, Möglichkeiten
einer Verbesserung der Operationsmethode aufzuzeigen, die unter Umständen
auch definitive Rückschlüsse in pathogenetischer Hinsicht erlauben.
Methode und Material: Im Zeitraum von 1970 bis 1994
sind bei 166 Patienten insgesamt 172 therapieresistente Epikondylitiden durch
Denervation behandelt worden. Bei diesem Eingriff muß nur eine Nervenbahn
exakt dargestellt und gezielt durchtrennt werden; ansonsten erfolgt die Schmerzausschaltung
blind, und zwar durch einfaches Ablösen von bestimmten Muskeln, die nach
Beendigung der Denervation wieder reinseriert werden, jedoch mit Ausnahme
des M. supinator.
Das Originalverfahren kam dabei bis 1990 39mal zum Einsatz (Gruppe A).
Danach wurde die Denervation in 46 Fällen mit einer isolierten Desinsertion
des M. supinator durchgeführt, das heißt, ohne die früher
übliche temporäre Inzision der Ursprungssehne des M. extensor carpi
radialis brevis (Gruppe B). In einer weiteren Serie von 87 Operationen erfolgte
schließlich die Überprüfung der Denervation in Kombination
mit einer direkten Dekompression des R. profundus ni. radialis unter Resektion
der Supinatorarkade (Gruppe C).
Die Beurteilung der postoperativen Ergebnisse erfolgte nach den Kriterien
von Roles und Maudsley (1972).
Ergebnisse: Die Denervationen der Gruppe A konnten
in 36 Fällen (92,3%) nach durchschnittlich 9,7 Jahren nachuntersucht
werden und zeigten in 91,6% gute und sehr gute Ergebnisse. In Gruppe B konnten
42 Patienten (91,3%) nach durchschnittlich 4,9 Jahren überprüft
werden; dabei fanden sich mit 90,5% praktisch die gleichen Ergebnisse wie
in Gruppe A. Die Arbeitsunfähigkeit betrug 2,7 beziehungsweise 5,7 Wochen.
Die Resultate der Denervationen konnten dagegen durch Kombination mit einer
zusätzlichen direkten Dekompression des R. profundus ni. radialis nicht
verbessert werden (Gruppe C); bei einer Nachuntersuchungsrate von 86% fanden
sich nämlich nach 3,6 Jahren nur in 65,3% positive Ergebnisse bei einer
nicht zu verantwortenden Arbeitsunfähigkeit von 11,7 Wochen.
Schlußfolgerungen: Die Untersuchungsergebnisse
der Gruppe A und B beweisen, daß nunmehr auf die ursprünglich aus
präparatorischen Gründen für erforderlich gehaltene temporäre
Inzision des ECRB ohne Verschlechterung der Ergebnisse verzichtet werden kann,
wenn man im Rahmen der Denervation die anteriore und laterale Ursprungsportion
des M. supinator in Höhe des distalen Randes des Radiuskopfes isoliert
durchtrennt, wodurch gleichzeitig eine indirekte Dekompression des tiefen
Radialisastes erreicht wird. Die Ergebnisse dieses Eingriffes sowie intraoperative
und klinische Untersuchungen sprechen vor allem aber auch dafür, daß
es sich bei der Epicondylitis lateralis humeri um die Folge eines Kompressionssyndroms
des N. radialis handelt, wobei die schmerzauslösenden Neuroirritationen
an einer oder mehreren Lokalisationen auftreten und, wie aus der Literatur
und eigenen Erfahrungen hervorgeht, in geeigneten Fällen auch durch eine
operative Dekompression des in Frage kommenden Nervenabschnittes erfolgreich
behandelt werden können.
Abstract
Purpose: The pathogenesis of tennis elbow is still
debated, the question of proper surgical treatment äs well. Because the
area of pain in tennis elbow and the concomitant Spots of pain together with
sensibility disorders of the hand are supplied entirely by branches of the
radial nerve, we suggested a surgical procedure for complete denervation äs
early äs 1962. The main purpose of this paper is to examine the possibilities
of improving the surgical technique, thereby shedding light on the pathogenesis
of tennis elbow.
Method and Material: Between 1970 and 1994, altogether
166 patients with 172 cases of resistant tennis elbow were treated by denervation.
This procedure calls for carefui exposure and the severing of only one tiny
branch of the radial nerve. Denervation is otherwise accomplished by “blind”
dissection by desinsertion of certain muscles, which are reinserted after
denervation, however, with exception of the supinator muscle. Until 1990,
the original procedure was performed 39 times (Group A). Afterwards, denervation
involved only isolated des-insertion of the supinator muscie in 46 cases (Group
B) without the temporary incision of the ECRB-origin, as performed previously.
In a further series of 87 cases, an evaluation of denerva-tion in combination
with a direct decompression of the deep brauch of the radial nerve was performed
by resection of the supinator arcade (Group C). Postoperative results were
evaluated and scored according to Roles and
Maudsley (1972).
Results: The denervations of Group A were controlled
after an average follow-up time of 9.7 years in 36 cases (92.3%), in 91.6%
they demonstrated good and excellent results. In Group B, 42 patients (91.3%)
were followed-up after an average time of 4.9 years; these cases showed about
the same results as in Group A (90.5% good and excellent). The time off work
was 2.7 and 5.7 weeks respectively. The results of denervation, however, were
not improved by additional direct decompression of the posterior interosseous
nerve (Group C); in a follow-up rate of 86% after 3.6 years only 65.3% showed
good and excellent results together with an extremely long time off work
of up to 11.7 weeks.
Conclusion: The results in Group A and B prove that
the temporary desinsertion of the ECRB, previously regarded as necessary for
reasons of dissecüon, can be discontinued, without worsemng of outcome,
as long as the anterior and lateral portions of the supinator origin are incised
directly, thereby resulting in indirect decompression of the posterior interosseous
nerve simultaneously.
The results of this procedure emphasize the fact that tennis elbow is the
result of a compression syndrome of the radial nerve and its branches, where
the pain-triggering nerve irritations are found at one or several localizations
that can be treated successfully - as shown in the literature and by
our own findings - by direct decompression of this nerve segment.
Schlüsselwörter
Ellenbogen - Epicondylitis lateralis humeri - Nervenkompressionssyndrome: N. radialis - Denervation - Pathogenese
Key words
Tennis elbow - nerve compression syndromes:radial nerve - denervation - pathogenesis