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DOI: 10.1055/s-0045-1807520
Veränderte Schulungslandschaft für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes in Deutschland
Authors
Fragestellung: Wie haben sich Art und Häufigkeit der Schulungen für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes (T1D) in den letzten Jahren in Deutschland verändert? Angesichts des zunehmenden Einsatzes von Technologie und der Pandemiefolgen wurde die Durchführung von Schulungen hinsichtlich Art, Häufigkeit und regionaler Unterschiede untersucht.
Methodik: Analysiert wurden Daten des DPV-Registers (Stand 03/2024) von 42.975 pädiatrische Patient*innen mit T1D im Alter bis 18 Jahren aus 364 deutschen Einrichtungen. Fälle mit Diabetesdauer<6 Monaten sowie Zentren ohne Schulungsdokumentation wurden ausgeschlossen. Die Schulungshäufigkeit und -art (Einzel-, Gruppen-, Diabetestechnologie-Schulungen) wurden für die Jahre 2010–2023 untersucht. Zeitliche Entwicklungen und regionale Unterschiede wurden analysiert (multivariable Regressionsmodelle, SAS 9.4, SAS Institute Inc).
Ergebnisse:
Geringe Schulungsrate
Nur 54,7% der Patient*innen erhielten in den fünf Jahre nach Manifestation eine Folgeschulung, obwohl regelmäßige Schulungen alle 2 Jahre laut Leitlinien empfohlen werden. ([1])
Art der Schulungen
Die Zahl der Einzelschulungen war stabil und nahm während der Pandemie nur kurzfristig ab. Der Anteil der Gruppenschulungen sank signifikant von 46,4% (2015) auf 28,9% (2020) und erreichte 2023 nur 31,3% (p<0,0001).
Alters- und geschlechtsspezifische Differenzen
Familien mit Kindern<6 Jahren erhielten in den 5 Jahren nach Manifestation mit 56% häufiger Folgeschulungen als Jugendliche>12 Jahre (46,3%, p<0,0001). Mädchen (56,8%) wurden öfter geschult als Jungen (52,8%, p<0,0001). Die Teilnahme an Gruppenschulungen unterschied sich ebenfalls (p<0,0001).
Technologie-Schulungen
Der Anteil an Pumpenschulungen stieg deutlich von 36,6% (2015) auf 51,0% (2023), was die verstärkt technologiebasierten Therapien widerspiegelt.
Regionale Unterschiede
In der Region Ost wurden in den 5 Jahre nach Manifestation 65,3% der Patient*innen erneut geschult. In der Region Süd nur 51,3% und somit eine signifikante Differenz im Zugang zu Schulungen (p<0,0001). Die Regionen Nord (55,0%) und West (56,8%) lagen dazwischen, ohne signifikanten Unterschied.
Schlussfolgerung: Die Schulungslandschaft für Kinder und Jugendliche mit T1D in Deutschland hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Während Gruppenschulungen anhaltend abnehmen, finden sich zunehmend technikorientierte Einzelschulungen. Zugleich zeigen sich regionale Unterschiede mit besonders niederen Raten in Süddeutschland. Die Disparitäten deuten auf ungleiche Ressourcenverteilung und strukturelle Unterschiede in der Diabetesversorgung hin. Es besteht Handlungsbedarf, um den Zugang zu Schulungen zu sichern. Durch diese Veränderung reduziert sich zudem die Möglichkeit von sekundären Effekten der Gruppenschulungen wie Peer-Kontakt zu profitieren. Neue Konzepte wie ‚GaDiaKi‘ zur Wiederbelebung der Gruppenschulung und telemedizinische Angebote können helfen, eine gleichwertige Versorgung zu sichern.
Publication History
Article published online:
28 May 2025
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Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). S3-Leitlinie Diagnostik. Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Registernummer: 057-016. Version 4. Berlin: DDG,; 2023