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DOI: 10.1055/s-0045-1807517
Welche Faktoren sind in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes zu berücksichtigen?
Fragestellung: Die Prävalenz des Typ-2-Diabetes (T2D) bei 11- bis 17-Jährigen betrug laut Angaben der Diabetes-Surveillance 17,9 pro 100.000 Personen (2023) und stellt aufgrund früher schwerwiegender Komplikationen und rasch progredienter Abnahme der ß-Zellfunktion eine eigenständige Entität dar. Ziel dieser Arbeit war es, klinische, sozioökonomische und psychosoziale Faktoren in einer Kohorte von Jugendlichen mit T2D zu charakterisieren und Barrieren zu identifizieren, die in der Versorgung dieser Patientengruppe zu berücksichtigen sind.
Methodik: Retrospektiv wurden Daten von 19 Kindern und Jugendlichen mit T2D (mittleres Alter(±SD): 14,1±2,0 Jahre; 63,2% Mädchen; HbA1c(±SD): 9,2±3,3%), die im Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche des Universitätsklinikums Ulm zwischen Januar 2017 und September 2024 behandelt wurden, zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eines T2D erhoben und deskriptiv ausgewertet (Mittelwert±Standardabweichung (SD), prozentualer Anteil (%)).
Ergebnisse: 79% der Jugendlichen hatten einen Migrationshintergrund und 63% besuchten eine Förderschule oder Hauptschule. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung lag bei 37% der Jugendlichen eine psychische Komorbidität wie z.B. eine Depression, selbstverletzendes Verhalten, Störung der Impulskontrolle oder Trennungsängste vor. 79% der Kinder und Jugendlichen mit T2D waren mit familiären Belastungen konfrontiert (z.B. getrenntlebende Eltern, familiäre Konflikte, psychische Erkrankung eines Elternteils, finanzielle Nöte, Unterbringung im Heim). 61% der Patienten wurden von mindestens einem Elternteil/Bezugsperson beim Arztbesuch begleitet, erhielten Unterstützung bei der Diabetestherapie/Lebensstilmodifikation zu Hause oder wurden beim Besuch des Fitnessstudios begleitet. Jeder 4. junge Patient mit T2D (26%) gab an, sich regelmäßig zu bewegen (Vereinssport/Fitnessstudio, zu Fuß zur Schule, mehrmals pro Woche spazieren/schwimmen). Bei 71% der Betroffenen hatte mindestens ein Elternteil Adipositas und bei 83% war bereits ein Familienmitglied (1. oder 2. Grades) von einem Diabetes mellitus betroffen. 90% der Patienten hatten zum Zeitpunkt der Diagnose eine Adipositas. 53% hatten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eines T2D eine Fettstoffwechselstörungen, 53% eine Hypertonie, 21% eine Mikroalbuminurie und 37% eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung.
Schlussfolgerung/en: Der hohe Anteil an Patienten mit (1) Migrationshintergrund, (2) niedrigem Bildungsniveau, (3) mit einer psychischen Komorbidität, (4) mit familiären Belastungen und (5) mit wenig Unterstützung durch die Eltern und Familie, kann zu Barrieren in der leitlinienkonformen Behandlung führen und erfordert die Entwicklung eines strukturierten, interdisziplinären Versorgungsprogramms, welches an die spezifischen Bedürfnisse dieser Patientengruppe angepasst ist.
Publication History
Article published online:
28 May 2025
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