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DOI: 10.1055/s-0044-1781979
Lessons-learned aus der Pandemie zur besseren Vorbereitung auf zukünftige Katastrophen.
Ausmaß und Intensität der COVID-19-Krise waren weltweit bedeutend. Die Corona-Katastrophenhilfe war der größte subsidiäre Einsatz der Bundeswehr in ihrer Geschichte. Die gemeinsamen Herausforderungen an das Katastrophenmanagement waren aufgrund der Dynamik und der Komplexität beträchtlich, sowohl weltweit als auch in der Region Heidelberg/Rhein-Neckar. Die vorliegende Studie (NCT05552989) ist eine strukturierte wissenschaftliche Analyse der Einsatzerfahrungen der COVID-19-Katastrophenhilfe in Heidelberg/Rhein-Neckar ([Abb. 1]) zwischen 2020 und 2022, insbesondere aus zivil-militärischer Perspektive.


Der Impact der zivil-militärischen Zusammenarbeit und ein möglicher Pfad von lessons-learned hin zur besseren Katastrophenvorbereitung in der Zukunft wurden durch semi-strukturierte Interviews mit 12 Schüsselakteuren der lokalen Katastrophenhilfe analysiert. Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert, auf gewichtige Aussagen hin kodiert und anschließend in Bedeutungsclustern horizontalisiert. Die von Patel 2017 definierten Kernelemente der Comunità resilience bildeten den methodischen Analyserahmen. Den Themen der lokalen Katastrophenhilfe wurden Erkenntnisse aus einer strukturierten scoping review der weltweiten wissenschaftlichen Fachliteratur zur zivil-militärischen Zusammenarbeit während der COVID-19-Pandemie gegenübergestellt. Die zentrale Frage war: "Was müssen wir tun, um uns auf zukünftige Katastrophen besser vorzubereiten?"
Diese Arbeit gibt einen tiefen Einblick in die Stärken und Schwächen des derzeitigen lokalen Katastrophenmanagementsystems. Es wurden Lehren aus den eigenen Verantwortungsbereichen der Teilnehmenden gezogen. Dazu gehörte auch eine Reflexion darüber, was in Zukunft getan werden sollte – entweder auf die gleiche Weise oder anders. Als Hauptergebnis dieser Arbeit wurden 37 Maßnahmen ermittelt, die ergriffen werden müssen, um die Widerstandsfähigkeit von Gemeinschaften gegenüber künftigen Katastrophen zu verbessern. Diese Aktionspunkte liegen in den Bereichen (1) lokales Wissen, (2) Gemeinschaftsnetzwerke und -beziehungen, (3) Kommunikation, (4) Gesundheit, (5) Governance und Führung, (6) Ressourcen, (7) wirtschaftliche Investitionen, (8) Vorbereitung und (9) mentale Einstellung. Zu den 16 Hauptthemen gehörten die Notwendigkeit einer lokalen Ausrichtung, eine kontinuierliche, aufgeschlossene gemeinschaftliche Vernetzung, eine transparente Kommunikation nach innen und außen, ein koordiniertes Vorgehen im Hinblick auf die Komplexität des Gesundheitswesens, die Schaffung von Personalreserven einschließlich der Akzeptanz freier Ressourcen in Routinezeiten, das rechtzeitige Umschalten in den Katastrophenmodus, der Abbau von Bürokratie, ein klares Verständnis von Führung, Rollen und Verantwortlichkeiten, die Einbeziehung von Freiwilligen, die Finanzierung innovativer Ideen, eine priorisierte Planung und Beschaffung von Material, das an wahrscheinliche Risikoszenarien angepasst ist, eine verbesserte Katastrophenerziehung auch an Schulen, die Einbeziehung von Praktikern, die Durchführung häufiger "all-hands"-Übungen, das Funktionieren als vorausschauende und lernende Organisation und Förderung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung.
Fazit: in Zukunft wird es darum gehen, Bürokratie abzubauen, den Kreislauf von "Panik und Vergessen" durch nachhaltige Katastrophenvorbereitung zu durchbrechen, eine rechtzeitige Einsatzbereitschaft herzustellen und die "Infodemie" in einer Welt der sozialen Medien zu beherrschen. Im Allgemeinen hat die zivil-militärische Zusammenarbeit während der COVID-19 Pandemie weltweit und in Heidelberg/Rhein-Neckar mit wertvollen Beiträgen zur Stärkung der gesamtgesellschaftlichen Widerstandsfähigkeit beigetragen – wahrscheinlich aber zu einem hohen Preis. Das Mitigierungspotenzial kann für alle Agierenden begrenzt sein, wenn ein Gesundheitssystem bereits im Routinebetrieb überlastet ist. Um Missbrauch zu verhindern, ist ein Bewusstsein für das Droh- und Einschüchterungspotenzial des Militärs wichtig. Eine bessere, ganzheitliche und nachhaltige Vorbereitung auf künftige Katastrophen ist zwingend erforderlich, um den Kreislauf des "Panikmachens und Vergessens" zu durchbrechen. Künftige Forschung könnte sich auf eine bessere Einbeziehung vulnerabler Bevölkerungsgruppen, einschließlich Kinder, fokussieren.
Publication History
Article published online:
10 April 2024
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