Pneumologie 2024; 78(S 01): S30
DOI: 10.1055/s-0044-1778791
Abstracts
Infektiologie- und Tuberkulose

Die „versteckte Tuberkulose"

M Peterka
1   Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
,
D Krieger
1   Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
,
N Schönfeld
2   Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
,
S Polsfuß
3   Mvz am Helios Klinikum Emil von Behring GmbH
,
T Bauer
4   Helios Klinikum Emil von Behring; Klinik für Pneumologie
› Institutsangaben
 

Hintergrund Bei Patient:Innen, die trotz eines unauffälligen Röntgenthoraxbildes säurefeste Stäbchen (SFS) im Auswurf haben, muss an eine Läsion gedacht werden, die im Lungenparenchym nur mittels thorakaler Computertomografie (CTT) oder endoskopischer Verfahren gefunden werden kann.

Bei 10 – 40% aller endoskopisch überhaupt untersuchten Lungentuberkulosefälle zeigt sich eine Beteiligung des Tracheobronchialsystems, und ca. 10% von ihnen zeigen einen Normalbefund im konventionellen Röntgenbild.

Fallbeispiel Ein 59-jähriger Patient, der wenige Jahre zuvor in Moldawien aufgrund einer Lungentuberkulose antituberkulös behandelt wurde, stellte sich mit purulentem Auswurf sowie einer B-Symptomatik vor. Im Röntgenbild des Thorax zeigte sich ein unauffälliger Befund. Eine CTT ergab einen unauffälligen Parenchymbefund, ohne jeglichen Hinweis auf spezifische Veränderungen. Lediglich präsentierte sich ein wandständiges Weichteilplus im linken Hauptbronchus.

Im Sputum konnten reproduzierbar massenhaft SFS (+++) nachgewiesen werden. Schon in der PCR des Direktpräparates gelang der Nachweis von Mycobacterium tuberculosis, der Stamm wies molekular und kulturell Resistenzen gegen Isoniazid und Rifampicin auf, so dass eine multiresistente Tuberkulose (MDR-TB) vorlag. Wir initiierten eine antituberkulöse Therapie mit Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid und Moxifloxacin (BPaLM).

Das therapeutische Ansprechen war, im Sinne rasch abnehmender Keimzahl im Sputum, sehr gut. Aus hygienischen Gründen führten wir erst nach vierwöchiger BPaLM-Therapie eine endobronchiale Inspektion durch, wobei sich die Bronchialschleimhaut des linken Hauptbronchus unauffällig zeigte. Somit ergeben sich Zweifel an dieser postulierten Quelle der Bakterien, da so rasch keine vollständige restitutio ad integrum der Schleimhaut zu erwarten war. Eine HNO-ärztliche Untersuchung konnte keine laryngeale Tuberkulose aufdecken.

Beurteilung Die wiederholt nachgewiesene hohe Ansteckungsfähigkeit bei diesem Patienten mit einer MDR-TB trotz unauffälliger Bildmorphologie stellt eine sehr seltene Konstellation dar. Dies betont die Wichtigkeit, dass zum Ausschluss einer aktiven Tuberkulose immer eine Kombination von Bildgebung und Probenentnahme für die Mikrobiologie herangezogen werden sollte.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
01. März 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany