Laryngorhinootologie 2018; 97(04): 236-237
DOI: 10.1055/s-0044-102148
Sehen und Verstehen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Techniken der Stapedotomie

Techniques of stapedotomy
Jan Peter Thomas
,
Andreas Neumann
,
Konstantin van Ackeren
,
Tobias Dombrowski
,
Stefan Dazert
Further Information

Publication History

Publication Date:
10 April 2018 (online)

Ziel der Stapeschirurgie ist die Wiederherstellung des Hörvermögens bei Schallleitungsschwerhörigkeiten infolge einer Fixierung des Stapes. Häufigste Ursache hierfür ist die Otosklerose, bei der es über den Zwischenschritt einer Otospongiose zu einer Sklerosierung der Stapesfußplatte, meist in der Fissula ante fenestram, dem ventralen Anteil des ovalen Fensters, kommt. In deutlich selteneren Fällen ist die Stapesfixation durch eine Aplasie des Ringbandes im Rahmen einer hereditären kleinen Ohrfehlbildung bedingt.

Klinische Relevanz erhielt die Stapeschirurgie in den 1950er Jahren nach Einführung des Operationsmikroskops in die Ohrchirurgie. Shea publizierte 1956 die Technik der vollständigen Stapesextraktion und Implantation eines Nylonstapes. In der Folge wurde die Stapedektomie von Plester weiterentwickelt, der eine Teilstapedektomie durch alleinige Entfernung des dorsalen Drittels der Stapesfußplatte empfahl.

Um bei der Schaffung des Zugangs zum Innenohr das Trauma desselben zu minimieren, wurde erstmalig 1965 von Marquet die Schaffung einer Perforation der Stapesfußplatte vorgenommen, in die der Prothesenstempel exakt passte. Hierfür wurde der Begriff der „Stapedotomie“ geprägt. Nachweislich konnte gegenüber der Stapedektomie hierdurch insbesondere im Hochtonbereich das Risiko von Innenohrschädigungen reduziert werden.

Zur weiteren Senkung der Komplikationsrate durch die direkte mechanische Manipulation bei der Frakturierung des Stapesoberbaus und Perforation der Stapesfußplatte wurde Ende der 1970er Jahre von Perkins und Palva mit dem Argon Laser erstmals der Laser in die Stapeschirurgie eingeführt. Ziel der Laserchirurgie ist ein möglichst präzises Durchtrennen der Stapediussehne und Stapesschenkel sowie insbesondere die berührungsfreie Eröffnung und Schaffung eines definierten Zugangs zum Vestibulum.

Üblicherweise wird bei der Stapesplastik nach Lösen des Amboss-Stapes-Gelenks zunächst die Durchtrennung der Stapediussehne und Frakturierung der Stapesschenkel vorgenommen und anschließend der Stapesoberbau entfernt. Danach erfolgt die Stapedotomie in unterschiedlichen Techniken. Alternativ kann nach der von Fisch beschriebenen reversal steps stapedotomy vorgegangen werden, bei der zur Verhinderung einer floating footplate zunächst die Perforation der Stapesfußplatte mit anschließender Platzierung und Fixierung der Prothese bei noch intakter Ossikelkette erfolgt und erst danach die Stapessuprastruktur entfernt wird [1].

Bei der Durchführung der Stapedotomie finden heutzutage überwiegend drei Techniken Anwendung:

Die direkte manuelle Stapedotomie kann mittels Perforatoren oder Skeeter-Bohrer erfolgen.

Bei erstgenannter wird eine kreisförmige Öffnung mittels Perforatoren in aufsteigender Größe, üblicherweise beginnend mit einem Durchmesser von 0,4 mm, durch richtungswechselnde Drehbewegungen geschaffen. Im Allgemeinen sollte die Größe der Stapedotomieöffnung etwa 0,2 mm größer sein als die des gewählten Pistondurchmessers. Nachweislich lässt sich mit einem 0,6 mm Piston ein besseres audiologisches Ergebnis erzielen als mit einer 0,4 mm Prothese [2]. Bei entsprechender Erfahrung des Operateurs kann unter Verwendung von Perforatoren ohne aufwendiges Instrumentarium innerhalb weniger Sekunden eine Stapedotomie definierter Größe mit einer vergleichbar niedrigen postoperativen Komplikationsrate wie bei Verwendung der aufwendigeren Lasertechnik geschaffen werden [3].

Alternativ kann für die Anlage der Stapedotomie der Skeeter-Bohrer verwendet werden. Hierbei handelt es sich um einen Präzisionsbohrer mit geringer Umdrehungszahl von ca. 3000 U/min. Unter Verwendung eines in Abhängigkeit von der geplanten Prothesengröße geeigneten Bohrdurchmessers wird ohne erforderliche sukzessive Vergrößerung der Perforation, wie es bei Verwendung von Perforatoren erforderlich ist, die Stapedotomie in ihrer geplanten Größe in einem Schritt angelegt. Insbesondere bei ausgeprägt sklerotisch veränderten Stapesfußplatten kann die Verwendung des Skeeter-Bohrers vorteilhaft bei der Anlage der Stapedotomie sein.

Bei Verwendung von Lasern unterscheidet man kontinuierlich strahlende von gepulsten Lasersystemen. Der kontinuierlich strahlende CO2-Laser besitzt aktuell den größten Stellenwert in der Stapeschirurgie. Mittels Scanner-Systemen kann durch eine einzelne Applikation einer Laserstrahlung eine vollständige und reproduzierbare Perforation der Stapesfußplatte erzielt werden [4]. Alternativ kann ein CO2-Faserlaser in schwierigen anatomischen Situationen Verwendung finden [5]. Vorteil des Lasers ist das berührungsfreie Arbeiten, welches die Gefahr einer unerwünschten Mobilisation der Stapesfußplatte entscheidend reduziert, sowohl beim Lösen des Stapesoberbaus als insbesondere auch bei der Durchführung der Stapedotomie. Auch noch im Falle einer floating footplate kann mit dem Laser die Fußplatte perforiert werden, ohne Gefahr zu laufen, diese in das Vestibulum zu dislozieren. Als nachteilig bei der Laserstapedotomie muss das erforderliche zusätzliche technische Instrumentarium angesehen werden.

 
  • Literatur

  • 1 Fisch U, Dillier N. Technic and spate results of stapedotomy. HNO 1987; 35 (06) 252-4
  • 2 Laske RD, Röösli C, Chatzimichalis MV. et al. The influence of prosthesis diameter in stapes surgery: a meta-analysis and systematic review of the literature. Otol Neurotol 2011; 32 (04) 520-8
  • 3 Fang L, Lin H, Zhang TY. et al. Laser versus non-laser stapedotomy in otosclerosis: a systematic review and meta-analysis. Auris Nasus Larynx 2014; 14: 337-342
  • 4 Jovanovic S, Schönfeld U, Scherer H. CO2 laser stapedotomy with the „one-shot“ technique - clinical results. Otolaryngol Head Neck Surg 2004; 131 (05) 750-7
  • 5 Brase C, Schwitulla J, Künzel J. et al. First experience with the fiber-enabled CO2 laser in stapes surgery and a comparison with the „one-shot“ technique. Otol Neurotol 2012; 34 (09) 1581-5