Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(04): 202-204
DOI: 10.1055/s-0044-100049
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Entzündungsmechanismen treiben Alzheimer-Erkrankung voran

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Publication Date:
24 April 2018 (online)

Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Universität Bonn haben anhand von Laboruntersuchungen herausgefunden, dass Entzündungsmechanismen grundlegende Prozesse der Alzheimer-Erkrankung vorantreiben. Auslöser ist das Immunsystem des Gehirns. Diese Ergebnisse, an denen weitere Forscher aus Europa und den USA beteiligt waren, könnten auf lange Sicht den Weg für eine frühzeitige Behandlung der Alzheimer-Erkrankung bereiten: zu einem Zeitpunkt, zu dem sich noch keine Symptome bemerkbar machen.

Alzheimer ist eine verheerende neurodegenerative Erkrankung, die letztlich zur Demenz führt. Eine wirksame Behandlung gibt es bislang nicht. Im Zuge des Krankheitsprozesses verkleben Amyloid-Beta-Peptide (Aß) und lagern sich im Gehirn ab. Diese Aggregate stehen im Verdacht, Nervenzellen zu schädigen. In jüngsten Jahren hat sich zudem herausgestellt, dass Ablagerungen von Aß entzündliche Prozesse in Gang setzen. Angestoßen werden sie vom angeborenen Immunsystem des Gehirns, dessen Repertoire anders als bei der „adaptiven“ Immunabwehr genetisch festgelegt ist. Die Mechanismen, die eine Alzheimer-Erkrankung vorantreiben und Nervenzellen letztlich absterben lassen, wurden im Detail bislang nicht verstanden. Ein besseres Verständnis dieser Prozesse könnte ein Schlüssel zu neuartigen Therapie-Ansätzen sein.

In früheren Studien hatten die Autoren herausgefunden, dass ein molekularer Sensor des angeborenen Immunsystems – ein Proteinkomplex mit der Bezeichnung NLRP3 – eine Schlüsselrolle spielt: Im Gehirn von Alzheimer-Patienten ist NLRP3 aktiviert, und bei Mäusen mit kognitiven Störungen ähnlich denen von Alzheimer-Patienten ist NLRP3 an der Krankheitsentwicklung beteiligt. Die Freisetzung von ASC Specks (apoptosis-associated speck-like protein containing a caspase recruitment domain) aus aktivierten Zellen konnte man bisher nur bei Makrophagen nachweisen, ihre Bedeutung für den Krankheitsprozess war bisher unbekannt.

Die aktuellen Untersuchungen zeigen nun, dass ASC Specks auch von aktivierten Immunzellen des Gehirns – den Mikroglia – freigesetzt werden. Darüber hinaus belegen sie eine molekulare Verbindung zur Neurodegeneration. Dies trägt laut den Autoren direkt zum Fortschreiten der Pathologie und damit zur Krankheitsentwicklung bei. Diese Einschätzung stützt sich auf eine Reihe von Experimenten mit Mausmodellen der Alzheimer-Krankheit. Die Forscher untersuchten dabei die Wirkung der ASC Specks sowie die ihres Bestandteils, des Proteins ASC auf die Ausbreitung von Aß-Ablagerungen im Gehirn.

Die Autoren schließen, dass Entzündungen des Gehirns evtl. nicht nur eine Begleiterscheinung der Alzheimer-Krankheit sind. Sie tragen vielmehr dazu bei, dass die Erkrankung voranschreitet. Eine Beeinflussung dieser Immunantwort könnte daher neue Möglichkeiten bieten, Alzheimer zu behandeln.

Nach einer Meldung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn