Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere 2023; 51(06): 437
DOI: 10.1055/s-0043-1776965
Abstracts DVG

Management eines Hundes mit Myasthenia gravis und Atemmuskellähmung mittels Immunadsorption und maschineller Beatmung

F Sänger
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
B Giani
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
S Dörfelt
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
G Buhmann
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
A Fischer
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
R Dörfelt
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
› Author Affiliations
 

Signalement Samojede, 1 Jahr, 12,5 kg, weiblich

Vorgeschichte Der Patient zeigte seit 2 Wochen Husten, progressive Schwäche der Hintergliedmaßen bis hin zur Tetraparese, Megaösophagus und seit 5 Tagen eine erschwerte Atmung. Vor Überweisung erfolgte eine symptomatische Therapie. Der Hund wurde mit Verdacht auf Myasthenia gravis und hochgradiger Dyspnoe überwiesen.

Diagnostische Maßnahmen Bei Vorstellung waren hochgradig reduziertes Allgemeinbefinden in Seitenlage, eine Herzfrequenz von 70/min, hyperämische Schleimhäute, eine kapilläre Füllungszeit von<1 sec, eine Temperatur von 39,5°C sowie eine stark reduzierte, abdominal betonte Atemtätigkeit auffällig. Bei den initialen Laboruntersuchungen fiel eine hochgradige Hyperkapnie (PvCO2=90,1 mmHg) auf. Der Verdacht auf Myasthenia gravis wurde durch ein deutliches Dekrement bei repetitiver Stimulation in der Elektromyographie und einem positiven Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper Test bestätigt.

Therapie Der Patient wurde mit Propofol anästhesiert und die Narkose mittels Propofol-Dauertropfinfusion erhalten. Es erfolgte eine maschinelle Beatmung mit der Beatmungsmaschine Hamilton C1 und wechselnden Beatmungsmodi (druckkontrollierte Beatmung, assistierte Beatmung, Spontanatmung). Anschließend erfolgte eine Behandlung mittels Immunadsorption zur Elimination der Acetycholin-Rezeptor-Antikörper (COM.TEC®​; ADAsorb®​; LIGASORB®​ Adsorber). Antikoagulation wurde durch Citrat erreicht. Während der 1,5-stündigen Immunadsorption wurde das 2-fache Plasmavolumen gereinigt. Die weitere medikamentelle Therapie erfolgte mit intravenöser Infusionstherapie, Maropitant, Esomeprazol und antibiotischer Therapie aufgrund einer Aspirationspneumonie, sowie Neostigmin 0,04 mg/kg i. m. alle 6 h zur Therapie der Myasthenie. Die maschinelle Beatmung konnte nach 12 Stunden gestoppt werden. Die weitere Medikamentengabe und Ernährung erfolgte über einen PEG Tube der an Tag 2 eingelegt wurde. Am dritten Tag wurde in einer zweiten Immunadsorption erneut 1200 ml Plasma gereinigt. Unmittelbar danach war der Patient wieder steh- und gehfähig. Nach 6 Tagen konnte der Patient zur weiteren Therapie nach Hause entlassen werden.

Schlussfolgerung Dieser Fall zeigt den potenziell fulminanten Verlauf einer Myasthenia gravis und den in der Veterinärmedizin neuen Therapieansatz der Immunadsorption zur Notfalltherapie dieser Erkrankung.



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Article published online:
06 December 2023

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