Expositionsbehandlung bei Essstörungen – Stand der Forschung und neue Pilotstudie

Einleitung Exposition ist eine wirksame Behandlungstechnik für eine Vielzahl an Störungsbildern. Bei Essstörungen gibt es bereits erfolgreiche Ansätze bei Essanfällen und Körperbildstörungen; weit weniger gut untersucht ist jedoch Exposition bei interozeptiven Symptomen oder interpersonellen Problemen. Insbesondere für Jugendliche mit Anorexia nervosa gibt es nur wenig Studien zur Wirksamkeit und möglichen Wirkmechanismen von Exposition. In diesem Beitrag werden daher zunächst der aktuelle Forschungsstand und anschließend erste Ergebnisse zu Wirkmechanismen einer Gruppenintervention präsentiert.

Methoden N=30 stationäre junge Patientinnen mit Anorexia nervosa (13-23 J.; BMI: M=16.9kg/m²) nahmen an 8 Gruppensitzungen teil, von denen in 5 Sitzungen Expositionsübungen zu verschiedenen Problembereichen durchgeführt wurden: Verbotene Lebensmittel, angstvolle Essenssituationen, Interozeption, Körperbild und essstörungsbezogene schwierige soziale Interaktionen. Drei potentielle Wirkmechanismen (Habituation, Erwartungsverletzung und adjustierte Erwartung) wurden hinsichtlich ihrer Veränderung innerhalb der Sitzungen untersucht.

Ergebnisse Es zeigte sich eine signifikante Verbesserung in kognitiven Essstörungssymptomen über die gesamte Gruppenintervention hinweg (t(29)=3.47, p=.002). Es zeigten sich signifikante Reduktionen in der Anspannung (Habituationsmechanismus) bei allen Expositionen, mit Ausnahme der Lebensmittelexposition. Stärkere Veränderungen waren sowohl bei der Erwartungsverletzung als auch der adjustierten Erwartung zu sehen.

Schlussfolgerung Expositionsinterventionen können in der Gruppe mit jungen Patientinnen mit Anorexia nervosa durchgeführt werden. Mögliche Wirkmechanismen sind neben Habituation auch Erwartungsverletzung und die Anpassung der Eintretenswahrscheinlichkeit von befürchteten Konsequenzen in der Zukunft. Zukünftige Studien sollten die Wirksamkeit der Intervention in einem kontrollierten Design überprüfen.

Publication History

Article published online:
06 September 2023