Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2023; 17(03): 154
DOI: 10.1055/s-0043-1771604
Abstracts
Vorträge

Emotionsregulation im Alltag bei Bulimia Nervosa und der Binge Eating Störung – Wie hängen Essanfälle und Regulationsschwierigkeiten zusammen und welche Veränderungen kann eine onlinebasierte Therapie bewirken?

S. Hartmann
1   Universität Heidelberg, Psychologisches Institut, Heidelberg
,
L. Prüßner
1   Universität Heidelberg, Psychologisches Institut, Heidelberg
,
I. Borm
1   Universität Heidelberg, Psychologisches Institut, Heidelberg
,
S. Barnow
1   Universität Heidelberg, Psychologisches Institut, Heidelberg
,
C. Timm
1   Universität Heidelberg, Psychologisches Institut, Heidelberg
› Author Affiliations
 

Einleitung Wiederkehrende Essanfälle dominieren den Alltag von Betroffenen mit Bulimia Nervosa und Binge Eating Störung. Bisherige Forschungsergebnisse deutet darauf hin, dass maladaptive Affektverläufe zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Essanfällen beitragen. Welche Rolle Emotionsregulationsprozesse in diesem Zusammenhang spielen, wurde bisher kaum erforscht. Die aktuelle Studie soll den alltäglichen Verlauf von Emotionsregulationsschwierigkeiten vor und nach Essanfällen untersuchen und testen, ob sich diese regulatorischen Schwierigkeiten durch eine Online-Therapie verbessern können.

Methoden Zur Evaluation zweier 12-wöchiger web-basierter Selbsthilfetrainings wurden zwei randomisiert-kontrollierte Studien mit 154 Teilnehmenden mit Bulimia Nervosa und 154 Teilnehmenden mit Binge Eating Störung durchgeführt (M Alter=32.76, SD Alter=10.12, 96.43% weiblich). Zur Prä- und Postmessung wurde das alltägliche Auftreten von Essanfällen und Emotionsregulationsschwierigkeiten anhand von Ecological Momentary Assessment (5 Tage à 5 Befragungen) erfasst.

Ergebnisse Mehrebenen-Modelle indizieren, dass es in beiden Störungsbildern vor einem Essanfalls zu einer Affektverschlechterung und Zunahme der Emotionsregulationsschwierigkeiten kommt (|β|>.13, p<.001, außer für emotionale Bewusstheit), während sich danach der Affekt und die Regulationsschwierigkeiten wieder verbessern (|β|>.06, p<.01, außer für emotionale Bewusstheit). Analysen zur Veränderung über den Therapieverlauf deuten neben Symptomverbesserungen auf eine Verbesserung des alltäglichen Affektes und der emotionalen Klarheit (|d|>0.05) durch die Teilnahme an der Online-Intervention hin.

Schlussfolgerung Die Ergebnisse erweitern den Forschungsstand zum Zusammenhang zwischen Affekt(-Regulation) und Essanfällen. So konnte gezeigt werden, dass alltägliche Emotionsregulationsschwierigkeiten Essanfällen vorhergehen und dass durch die Teilnahme an einer onlinebasierten Intervention diese regulatorischen Schwierigkeiten verbessert werden könnten. Um die Effektivität von Online-Trainings zu verbessern, könnten Emotionsregulationstrainings in den Alltag integriert werden.



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Article published online:
06 September 2023

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