Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2023; 17(03): 145
DOI: 10.1055/s-0043-1771577
Abstracts
Vorträge

Longitudinale Veränderungen der Mikrobiota-Darm-Hirn-Achse und Prädiktion des klinischen Verlaufes bei Adoleszenten mit Anorexia Nervosa

J. Seitz
1   Uniklinik RWTH Aachen, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Aachen
,
N. Andreani
2   Institut für Experimentelle Medizin, Max-Planck-Institut für Evolutionäre Biologie, Plön
3   Institut für Experimentelle Medizin, Universität Kiel, Kiel
,
A. Sharma
4   Institut für Medizinische Informatik und Statistik, Universität Kiel, Kiel
,
A. Dempfle
4   Institut für Medizinische Informatik und Statistik, Universität Kiel, Kiel
,
J. Baines
2   Institut für Experimentelle Medizin, Max-Planck-Institut für Evolutionäre Biologie, Plön
3   Institut für Experimentelle Medizin, Universität Kiel, Kiel
,
B. Herpertz-Dahlmann
1   Uniklinik RWTH Aachen, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Aachen
› Author Affiliations
 

Einleitung Das Darm-Mikrobiom beeinflusst metabolische Funktionen, das Körpergewicht sowie das Gehirn und Verhalten. Bei Patientinnen mit Anorexia nervosa (AN) konnte wiederholt eine Dysbiose im Darmmikrobiom nachgewiesen werden und Stuhltransplantation von Patienten mit Mangelernährung oder AN in keimfreie Mäuse führte einerseits zu verringerter Nahrungsaufnahme und weniger Gewicht, andererseits zu mehr Angst und Zwang. Longitudinale Untersuchungen des Darmmikrobioms bei AN fehlen dagegen und die Möglichkeit der Prädiktion des Outcome der Patienten wurde bisher noch nicht erforscht.

Methoden 54 adoleszente Patienten mit AN wurden longitudinal zwischen Aufnahme, Entlassung und 1-Jahres Follow-up an bis zu 9 Zeitpunkten untersucht und mit 41 gesunden Kontrollen (HC) zu 6 ähnlichen Zeitpunkten mittels 16S rRNA-Bestimmung verglichen.

Ergebnisse Analysen mit multivariate Methoden zeigten abnehmende, aber noch bestehende Unterschiede im Mikrobiom zwischen AN und HC über den Behandlungsverlauf. Gewichtsverlust und Krankheitsdauer beeinflussten das Mikrobiom bei Aufnahme; konsumierte Kilokalorien, Gewichtsverlauf und hormonelle Restitution (gemessen am Leptin-Spiegel) waren relevant für den Verlauf. Bakterien der Gattung Sutterella bei Aufnahme halten, einen positiven klinischen Verlauf bei 1 Jahr vorauszusagen (p=0.01).

Schlussfolgerung Unsere Studie zeigt, dass sich die Mikrobiom-Dysbiose bei adoleszenten Patientinnen mit AN auch bei Gewichtsrehabilitation und 1 Jahr Follow-up nicht vollständig normalisiert. Sutterella bei Aufnahme könnte andere, bereits bekannte Prädiktoren für den klinischen Verlauf ergänzen. Sie wären außerdem ein Kandidat für Supplementierungsstudien, um einen kausalen Effekt zu überprüfen. Mittelfristig könnten so Mikrobiom-zentrierte Interventionen wie Nahrungssupplemente oder Probiotika-Gaben entwickelt werden, um die bestehende Behandlung der AN zu erweitern.



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Article published online:
06 September 2023

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