Aktuelle Ernährungsmedizin 2023; 48(03): E23-E24
DOI: 10.1055/s-0043-1768127
Abstracts

Vergleich des Ernährungszustandes von Patienten mit Tumorerkrankung des Gastrointestinaltraktes vor Beginn und unter laufender zytostatischer Therapie

M Wiese
1   Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin A, Greifswald, Deutschland
,
L Schwarz
2   Universitäts-Kinderspital Zürich, Zürich, Schweiz
3   Hochschule Neubrandenburg, Institut für evidenzbasierte Diätetik (NIED), Neubrandenburg, Deutschland
,
L Valentini
3   Hochschule Neubrandenburg, Institut für evidenzbasierte Diätetik (NIED), Neubrandenburg, Deutschland
,
M Lerch
1   Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin A, Greifswald, Deutschland
4   LMU-Klinikum, München, Deutschland
,
A Aghdassi
1   Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin A, Greifswald, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung  Patienten mit einer malignen Tumorerkrankung des Gastrointestinaltraktes weisen ein besonders hohes Risiko für die Entwicklung von Mangelernährung auf. Neben der konsumierenden Erkrankung selbst können Nebenwirkungen einer zytostatischen Therapie (CTx) das Fortschreiten der Katabolie weiter begünstigen. Ungeklärt ist allerdings, inwiefern ein kompromittierter Ernährungszustand aus der Grunderkrankung bzw. erst aus einer sich anschließenden CTx resultiert. Hier soll daher untersucht werden, welche Unterschiede hinsichtlich des Ernährungsstatus von therapienativen Patienten mit gastrointestinaler Tumorerkrankung sowie Individuen unter laufender CTx bestehen.

Methodik  In einer monozentrischen, prospektiven Beobachtungsstudie wurden Patienten mit der Erstdiagnose eines gastrointestinalen Malignoms sowie entsprechend Erkrankte unter aktuell bereits erfolgender CTx rekrutiert. Neben krankheitsbezogenen Parametern wurden Daten zu ungewolltem Gewichtsverlust, Nahrungsaufnahme sowie gastrointestinalen Beschwerden und Malassimilation erhoben. Eine Bestimmung der Körperzusammensetzung erfolgter mittels bioelektrischer Impedanzanalyse (seca mBCA 525). Das Vorliegen von Mangelernährung wurde anhand der Kriterien der Global Leadership Initiative on Malnutrition (GLIM) diagnostiziert. Unterschiede zwischen den Gruppen wurden entsprechend der Verteilung der Daten mittels zweiseitigem t-Test, Mann-Whitney-U-Test oder Chi-Quadrat-Test untersucht.

Ergebnisse  Zwischen den Patienten mit Erstdiagnose und denen unter laufender CTx, die hinsichtlich Alter, Geschlechterverteilung, sowie Art und Schwere der onkologischen Erkrankung vergleichbar waren, existierten nur geringfügige Unterschiede in Bezug auf den Ernährungszustand ([Tab. 1]). In beiden Gruppen lag mit 83 % bzw. 92 % eine vergleichbar hohe Prävalenz von Mangelernährung vor, die auch bezüglich der Verteilung der Schweregrade ähnlich war. Signifikante Unterschiede in der Körperzusammensetzung bestanden nicht. Ebenfalls waren phänotypische und ätiologische Kriterien der Mangelernährung zwischen den Gruppen gleichermaßen ausgeprägt. Allerdings wiesen die Patienten unter CTx einen signifikant höheren Gesamtgewichtsverlust auf (14,3 % vs. 9,0 %; p=0,028).

Tab. 1

Erstdiagnose (n=29)

Laufende CTx (n=37)

p-Wert

Alter, Jahre

64,2 (±8,0)

60,5 (±12,1)

0,160

Männlich, n (%)

22 (76)

23 (62)

0,206

Tumorart, n (%)

0,561

Kolorektal

8 (28)

15 (41)

Pankreas

9 (31)

12 (32)

Magen

6 (21)

4 (11)

Sonstige

6 (21)

6 (16)

Metastasierung, n (%)

17 (59)

21 (57)

0,879

ECOG-Status, n (%)

0,615

0

14 (48)

14 (38)

I

8 (28)

16 (43)

II

5 (17)

5 (14)

III

2 (7)

2 (5)

GLIM-Mangelernährung, n (%)

0,612

Keine

5 (17)

3 (8)

Moderat

11 (38)

16 (43)

Schwer

13 (45)

48 (49)

Body-Mass-Index, kg/m2

25,4 (±5,1)

24,9 (±4,2)

0,694

Fettmasseindex, kg/m2

5,8 (3,1)

5,5 (4,3)

0,623

Skelettmuskelmasseindex, kg/m2

8,7 (2,9)

8,3 (2,1)

0,709

Phasenwinkel, °

4,8 (±1,1)

4,9 (±1,1)

0,660

Reduzierte Nahrungsaufnahme, n (%)

18 (62)

24 (65)

0,815

Malassimilation/ chronische gastrointestinale Beschwerden, n (%)

8 (28)

13 (35)

0,513

Gewichtsverlust in den letzten 6 Monaten, %

8,1 (9,0)

6,6 (12,3)

0,290

Gewichtsverlust insgesamt, %

9,0 (8,0)

14,3 (13,6)

0,028

Schlussfolgerung  Ein sehr hoher Anteil der Patienten mit Tumorerkrankung des Gastrointestinaltraktes weist eine Mangelernährung auf. Diese scheint sich primär bereits vor Beginn einer zytostatischen Therapie zu manifestieren, aber im Therapieverlauf noch weiter zu verstärken. Eine adäquate ernährungsmedizinische Betreuung dieser Patienten ist daher besonders wichtig und sollte beginnend mit der Diagnosestellung über die gesamte Dauer der Krebstherapie konsequent erfolgen.



Publication History

Article published online:
26 May 2023

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