Aktuelle Ernährungsmedizin 2023; 48(03): E6-E7
DOI: 10.1055/s-0043-1768095
Abstracts

Rekrutierung im Rahmen einer heimbasierten Ernährungs- und Bewegungsstudie: Weshalb entscheiden sich palliative Tumorpatienten gegen eine Studienteilnahme?

L Gafner
1   Zentrum für Allgemeine Innere Medizin, Ernährungstherapie/-beratung, Kantonsspital Winterthur, Winterthur, Schweiz
,
M Rühlin
1   Zentrum für Allgemeine Innere Medizin, Ernährungstherapie/-beratung, Kantonsspital Winterthur, Winterthur, Schweiz
,
R Imoberdorf
2   Zentrum für Allgemeine Innere Medizin, Kantonsspital Winterthur, Winterthur, Schweiz
,
M Pless
3   Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie, Kantonsspital Winterthur, Winterthur, Schweiz
,
P E Ballmer
4   Past-Präsident GESKES-SSNC, Winterthur, Schweiz
,
L J Storck
1   Zentrum für Allgemeine Innere Medizin, Ernährungstherapie/-beratung, Kantonsspital Winterthur, Winterthur, Schweiz
5   Medizinische Kliniken, Klinikum Konstanz, Konstanz, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung  Mangelernährung ist ein häufiges Problem bei Tumorpatienten. In einer prospektiven randomisierten Studie untersuchen wir den Effekt eines multimodalen, heimbasierten Ernährungs- und Bewegungsprogramms auf die Lebensqualität, den Ernährungszustand und die körperliche Verfassung bei Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren der Lunge oder des Gastrointestinaltraktes. Das Kernelement zur heimbasierten Durchführung ist eine «Mobile Health» Smartphone-Applikation («App»), mit der die Studienteilnahme erleichtert und die Adhärenz erhöht werden sollen.

Methodik  Im Rahmen einer präliminären Studie werteten wir die aktuellen Rekrutierungszahlen qualitativ und quantitativ aus, mit einem Fokus auf die Gründe, weshalb Patienten eine Studienteilnahme ablehnten. Die Ablehnungsgründe wurden anhand eines freiwilligen, anonymen Fragebogens ermittelt.

Ergebnisse und Diskussion  Seit Juli 2021 wurden am Kantonsspital Winterthur 2'415 onkologische Patienten gescreent, wovon 280 (12%) eine fortgeschrittene Tumorerkrankung der Lunge oder des Gastrointestinaltraktes aufwiesen. Gemäss dem behandelnden Arzt qualifizierten sich davon 136 Patienten (49%) für eine Studienteilnahme. Davon wurden bereits 116 Patienten angefragt, wovon sich 30 (26%) für eine Teilnahme entschieden, während 86 (74%) diese ablehnten.

Die Hauptgründe, eine Studienteilnahme abzulehnen, waren fehlendes Interesse an einem Ernährungs- und Bewegungsprogramm (50%), gefolgt von einer Bevorzugung anderer Aktivitäten (41%) sowie ein vom Spital weit entfernter Wohnort (27%). Bedenken hinsichtlich der Nutzung einer App bzw. der damit einhergehenden technischen Herausforderung spielten mit 18% als Hinderungsgrund eine eher untergeordnete Rolle (n = 34; Mehrfachantworten waren möglich).

Von den ersten 30 Kandidaten, die sich seit Studienbeginn gegen eine Teilnahme entschieden hatten, sind in der Zwischenzeit sieben Patienten verstorben, von den bisher 30 Studienteilnehmern elf (in beiden Gruppen je ein lost to follow-up). Dies könnte darauf hinweisen, dass einer Studienteilnahme eher zugestimmt wurde, wenn bereits ein schlechterer Allgemeinzustand vorlag und damit einhergehend die Erkenntnis, dass vom Programm profitiert werden könnte.

Schlussfolgerung  Die Hauptgründe der palliativen Tumorpatienten für eine Nichtteilnahme an der Studie waren gemäss den Antworten im Fragebogen primär fehlendes Interesse am Ernährungs- und Bewegungsprogramm und die Bevorzugung anderer Aktivitäten. Dies legt nahe, dass im klinischen Alltag eine vermehrte Aufklärung hinsichtlich Ernährung und Bewegung zu einer möglichst frühen Sensibilisierung der Zielpopulation für den Nutzen dieser Interventionen beitragen könnte.



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Article published online:
26 May 2023

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