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DOI: 10.1055/s-0043-1764110
Ein ungewöhnlicher Rektumpolyp
Anamnese Im Juli 2022 stellte sich ein 68-jähriger Patient in unserer Abteilung zur endoskopischen Submukosadissektion (ESD) eines ambulant diagnostizierten 4 cm großen Rektumpolypen vor. Die Indexkoloskopie war im Rahmen der Vorsorge erfolgt, bei der zusätzlich mehrere kleine tubuläre Adenome mit LIN endoskopisch entfernt worden waren. Der Rektumpolyp wurde dabei nicht biopsiert, um die Abtragung nicht zu erschweren. Der Patient war beschwerdefrei, insbesondere traten keine Blutungen, Schmerzen oder Stuhlunregelmäßigkeiten auf. Als Vordiagnosen waren ein Vorhofflimmern, eine arterielle Hypertonie sowie ein Herpes Zoster bekannt.
Diagnostik In der Planungsuntersuchung für die ESD fand sich unmittelbar postanal die flachpolypoide Läsion (Paris-Klassifikation IIa), die sich unter Weißlicht nicht klassisch adenomtypisch darstellte, jedoch in der Chromendoskopie zumindest partiell ein adenomverdächtiges Drüsenmuster aufzuweisen schien. Es wurden Biopsien entnommen, die histologisch Schleimhaut des Magenkorpus ergaben. Eine Probenverwechslung innerhalb der Pathologie wurde ausgeschlossen. Auch in Anbetracht der Diskrepanz zwischen Endoskopie und Biopsie erfolgte eine One-Piece-ESD mit R0-Resektion der Läsion. Histologisch handelte es sich um eine Magenschleimhautheterotopie (MSH) ohne Dysplasie. Aufgrund der benignen Histologie und der vollständigen Entfernung war keine lokale Befundkontrolle notwendig und die nächste Koloskopie kann zur leitliniengerechten Polypennachsorge ambulant durchgeführt werden.
Diskussion Eine MSH im Rektum ist ein ungewöhnlicher Befund. Diese können an allen Stellen des Gastrointestinaltrakts auftreten, wobei die Läsionen am häufigsten im Ösophagus zu finden sind. MSHs im Rektum sind bisher nur bei wenigen, zumeist jüngeren Patienten beschrieben und häufig mit weiteren angeborenen Fehlbildungen assoziiert. Die Läsionen werden häufiger bei Männern diagnostiziert, das durchschnittliche Alter bei Erstdiagnose liegt bei 21 Jahren. Ursächlich wird von einer Fehldifferenzierung entodermaler Stammzellen ausgegangen.
Der erste Fall einer Magenschleimhautheterotopie im Rektum wurde 1939 von Ewell und Jackson beschrieben. Bis 2022 gab es 94 beschriebene Fälle in der Literatur. Der Befund ist klinisch relevant, da MSHs zu Blutungen, abdominellen Schmerzen sowie Diarrhoen führen können. Zudem können sie potentiell maligne entarten, wobei das Risiko hierfür ungewiss ist. Einige der Patienten in den beschriebenen Fallbeispielen wurden mit Protonenpumpeninhibitoren therapiert. Diese Therapie kann zu einer Symptomverbesserung führen, allerdings führt sie nicht zu einer Rückbildung der Schleimhautheterotopie. Daher wird bei klinischen Beschwerden, eine endoskopische Resektion mittels EMR oder ESD empfohlen.
Publication History
Article published online:
09 March 2023
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Georg Thieme Verlag
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