Rofo 2018; 190(01): 86-88
DOI: 10.1055/s-0043-124119
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Zur Erforderlichkeit der Personenidentität bei einem Zulassungsverzicht zu Gunsten eines MVZ zwecks Anstellung

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Publication Date:
19 December 2017 (online)

Einführung

Die vertragsärztliche Versorgung unterliegt einem fortwährenden Strukturwandel. Immer mehr Ärzte entscheiden sich gegen die Selbständigkeit und nehmen die Möglichkeit der Anstellung wahr. Dieser Trend ist im Fachgebiet der Radiologie besonders stark ausgeprägt, wie die Zahlen der KBV belegen. In dem Zeitraum von 2007 bis 2016 sank die Zahl der niedergelassenen radiologischen Vertragsärzte von 2326 auf 1903. Dies entspricht einem Rückgang von 18,2 %. Im gleichen Zeitraum stieg die Anzahl der angestellten Radiologen in Einrichtungen von 155 auf 755 sowie in freien Praxen von 123 auf 706. Ihr Anteil erhöhte sich mithin um 400 % bzw. um 474 %. Die Gründe für diese Entwicklung sind mannigfaltig. Neben der Scheu vor wirtschaftlichen Risiken zählen sicherlich auch der Wunsch nach geregelten Arbeitszeiten und damit einhergehend nach der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu den Hauptgründen. Die Möglichkeit der Anstellung wird speziell im Rahmen eines MVZ jedoch auch dazu genutzt, um einen Wechsel in der Person des Arztes zu vollziehen. Dementsprechend ist das Gestaltungsmodell des Zulassungsverzichtes zu Gunsten der (eigenen) Anstellung im MVZ gem. § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V von großer praktischer Relevanz.

Um niederlassungswilligen Ärzten andererseits den Einstieg in die Freiberuflichkeit zu erleichtern, sieht § 103 Abs. 4a S. 2 SGB V die Möglichkeit vor, dass ein Arzt, dessen Sitz in einem gesperrten Planungsbereich liegt, nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem MVZ unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich erhält.

Allerdings dürfen beide Gestaltungsmodelle nicht dazu missbraucht werden, um die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere die Regelungen des Nachbesetzungsverfahrens (§ 103 Abs. 3a S. 3 SGB V), zu umgehen. In den Vordergrund rückt daher Frage, ob und in welchen Grenzen mit dem Verzicht zwecks Anstellung bzw. dem Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung nach fünf Jahren ein Personenwechsel einhergehen darf. Mit anderen Worten: Ist eine Personenidentität in der jeweiligen Fallkonstellation von Gesetzes wegen erforderlich? Eine aktuelle Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW, Urt. v. 3.5.2017, Az.: L 11 KA 76/14) greift diese Fragen auf. Zum einen hatte der Senat über die Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 103 Abs. 4a S. 2 SGB V zu befinden. Der streitgegenständliche Fall wies jedoch die Besonderheit auf, dass die Anstellungsgenehmigung einem früher erklärten Zulassungsverzicht entstammte. Folglich musste sich das Gericht zum anderen inzident auch mit der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Zulassungsverzichtes gem. § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V befassen.