Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(06): 294
DOI: 10.1055/s-0043-122333
Die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin informiert
Nachruf
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Im Gedenken an Dr. med. Gerd Eldering

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Publication Date:
13 December 2017 (online)

Der international bekannte Geburtshelfer Gerd Eldering erlag am 13. Oktober 2017 im Alter von 74 Jahren einem schweren Krebsleiden. Eldering war in der Zeit von 1980–2003 Chefarzt der gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung am Vinzenz Palotti Hospital in Bensberg und begründete dort u. a. eine Hebammenschule, ein standortübergreifendes Fortbildungszentrum und ein großes zytologisches Institut. Lange Jahre war er ärztlicher Direktor und in dieser Zeit mitverantwortlich für den Aufbau eines Hospizes.

Eldering kann getrost als ein Vater der familienfreundlichen, respektvollen, traumasensiblen Geburtshilfe bezeichnet werden. Wesentliche Entwicklungen wie die Implementierung der Misgav-Ladach-Sectio sowie der Wassergeburt gehen auf ihn zurück. Mit der Einrichtung eines Geburtshauses in seiner Klinik schuf er für Frauen ohne Risiken einen angemessenen da auch sicheren Geburtsort. Lange bevor es hierfür Modellprojekte gab implementierte er den hebammengeleiteten, arztbegleiteten Kreißsaal, der durch auch äußere Intimität natürliche und interventionsarme Geburtsverläufe unterstützte. Die Idee des „Bonding“ und der „ Babyfreundlichkeit“ trägt im Wesentlichen seine Handschrift. Es verwundert nicht, dass dieses sein „Bensberger-Modell“ daher sogar einen international hervorragenden Ruf genießt. Seine Vorstellung von Geburtshilfe setzte er klinisch konsequent und nachhaltig um. Damit lebte er eine Philosophie, welche seine Vorreiter (Leboyer, Odent, u. a.) meist nur theoretisch beschrieben.

Eldering war ein Querdenker und Kauz mit einem großen Herz und großer Empathie. Er konnte sich gut vorstellen, was frau sich für die Bewältigung des gewaltigen Aktes einer Geburt wünscht und was man hierfür an Unterstützung und Rahmen braucht. Er zeigte auch sprachlich Respekt und Demut nicht nur gegenüber den betreuten Frauen, sondern insbesondere gegenüber dem Mythos und dem Akt der Geburt, den er nicht nur symbolisch als eine menschliche Schlüsselerfahrung verstand. Wie für Balint war auch für ihn die Geburt die Urform der Liebe.

Für die psychosomatische Geburtshilfe hat er nicht nur in Deutschland möglicherweise die stärksten Akzente der Neuzeit gesetzt. Gerade in Zeiten der Ökonomisierung und Medikalisierung gilt es, diese zu bewahren, ggf. sogar auszubauen.

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Dr. med. Gerd Eldering (Quelle: privat).

Eldering starb so wie er seine Geburtshilfe lebte: intim, privat, begleitet, friedlich, liebevoll ohne Angst. Somit zeigte er ganz persönlich wie sehr sich Beginn und Ende des Lebens ähneln. Diese Analogien in Grenzgebieten haben auch ihn zeitlebens fasziniert.

Eldering war authentisch, klar und unbestechlich. Auf seinem Grabstein könnte stehen: Wer nicht vom Weg abkommt bleibt auf der Strecke.

Dr. Wolf Lütje
Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
Ev. Amalie Sieveking-Krankenhaus, Hamburg