Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(01): 4
DOI: 10.1055/s-0043-121944
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Astrozyten nehmen aktiv Einfluss auf die Signalübertragung im Gehirn

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Publication Date:
17 January 2018 (online)

Forscher der Universität des Saarlandes konnten erstmals nachweisen, dass Astrozyten einen aktiven Einfluss bei der Signalübertragung im Gehirn haben. Die Erkenntnisse könnten Grundlage neuartiger Therapieansätze für neurologische Erkrankungen wie beispielsweise Epilepsie sein.

Im wissenschaftlichen Fokus der saarländischen Forscher stehen die Astrozyten, eine Form sog. Gliazellen, die etwa die Hälfte der Gehirnmasse ausmachen. Noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts bezeichnete der Berliner Pathologe Rudolf Virchow die Gesamtheit der Gliazellen als „Nervenkitt“. In der Tat galten Gliazellen lange nur als Stützzellen im Gehirn, die den Nervenzellen bei der Weiterleitung elektrischer Erregungen helfen, jedoch keinen aktiven Einfluss auf die neuronale Signalverarbeitung haben. Dabei löst ein elektrisches Signal an den Synapsen die Ausschüttung chemischer Botenstoffe aus, die von der nächsten Nervenzelle gebunden werden, um wiederum ein elektrisches Signal zu erzeugen und weiterzuleiten. Veränderungen in der synaptischen Übertragung bilden die wichtigste Grundlage für Lernen und Gedächtnisleistungen unseres Gehirns.

Das Forscherteam konnte in seiner Studie nun erstmals zeigen, dass Astrozyten unterschiedliche Botenstoffe freisetzen, um die neuronale Signalübertragung zu verstärken oder abzuschwächen. Durch ihre detaillierten Analysen konnten die Wissenschaftler mehrere Mechanismen entschlüsseln, die Astrozyten zur Freisetzung von Botenstoffen befähigen. Die Befunde liefern nicht nur neue Einblicke in die außergewöhnlich komplexe Signalverarbeitung im Gehirn, sondern sind auch von Bedeutung für neurologische Erkrankungen wie z. B. die Epilepsie. Astrozyten können hier als Mediatoren wirken, die epilepsie-typische Übererregungen mit ihren hemmenden Botenstoffen dämpfen. Die Erkenntnisse der Arbeitsgruppe eröffnen somit auch die Möglichkeit, Erkrankungen mit neuen Therapieansätzen zu behandeln.

Nach einer Mitteilung der Universität des Saarlandes