Gesundheitswesen 2018; 80(04): 325-331
DOI: 10.1055/s-0043-121889
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg – Ergebnisse einer Befragung der Gesundheitsämter

Preschool Examination in Baden-Wuerttemberg: Results of a Survey by Local Health Authorities
Harald Bode
1   Sektion Sozialpädiatrisches Zentrum und Pädiatrische Neurologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm, Ulm
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Publication Date:
18 December 2017 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie In Baden- Württemberg (BaWü) wurde Schritt 1 der Einschulungsuntersuchung (ESU) in das vorletzte Kindergartenjahr vorverlegt mit dem Ziel, bei Kindern mit Entwicklungsrisiken für einen erfolgreichen Schulbesuch hinreichend Zeit für notwendige Fördermaßnahmen zu gewinnen. Die Praxis in der Durchführung der im vorletzten (Schritt 1) und letzten (Schritt 2) Kindergartenjahr erfolgenden ESU in BaWü sollte jetzt analysiert und daraus Stärken, Schwächen und Veränderungsbedarf abgeleitet werden.

Methodik Sämtliche 38 Gesundheitsämter (GÄ) in BaWü erhielten einen umfangreichen Fragebogen. Darin machten Ärzte und sozialmedizinischen Assistentinnen nach standardisierten Vorgaben Angaben zu Basisdaten, Ressourcenbedarf, Akzeptanz, Kooperation, Inhalten, Methoden und Wirkung der ESU und ergänzten diese mit freien Kommentaren. Grundlage der Fragen waren die landesweit standardisierten Arbeitsrichtlinien für die Einschulungsjahrgänge 2016 (Schritt 2) und 2017 (Schritt 1).

Ergebnisse In Schritt 1 wurde im Median 2091 Kinder je Amt untersucht, in Schritt 2 192 Kinder. Die personellen Ressourcen wurden von manchen GÄ als nicht ausreichend angesehen. Die ESU wurde ganz überwiegend als unverzichtbar oder hilfreich eingeschätzt. Der Austausch mit Eltern und Erziehern hat einen hohen Stellenwert. Die ESU erfolgt komplett oder überwiegend nach den Arbeitsrichtlinien. Veränderungsbedarf wird bei einigen Aspekten des Entwicklungsscreenings in Schritt 1 gesehen. Erzieherinnenbeobachtungsbögen und Elternfragebögen werden als hilfreich betrachtet. Die GÄ schätzen, im Mittel bei 20% der Kinder schulrelevante gesundheitliche Einschränkungen zu entdecken, insbesondere im Bereich der Sprache. Oft fehlen Informationen über die nach der ESU eingeleiteten Fördermaßnahmen.

Schlussfolgerung Die Vorverlagerung von Schritt 1 der ESU in das zweite Kindergartenjahr hat sich aus Sicht der GÄ bewährt und erfährt eine hohe Akzeptanz der Beteiligten. Eine Weiterentwicklung der eingesetzten Screeningmethoden und der Beobachtungs-/ Fragebögen erscheint sinnvoll. Rückmeldungen zu eingeleiteten Fördermaßnahmen sollten die Regel werden. Schritt 2 sollte auf Kinder mit besonderen gesundheitlichen und sonderpädagogischen Bedarfen und ihre Bezugspersonen fokussiert werden.

Abstract

Aims German federal states conduct preschool examinations of children, to assess risks to their success in school. In 2009, step 1 of the preschool examination (ESU) in the German federal state Baden-Wuerttemberg (BaW) was preponed to the second-to-last year of kindergarten (age 4–5) to gain enough time for developmental interventions. Procedures and practice of ESU by local health authorities (HAs) in step 1 and step 2 (last year of kindergarten) were analyzed to infer strengths, weaknesses and requirements for change in the current ESU format.

Methods The staff of 38 local HAs completed an extensive questionnaire on basic data, resources, acceptance, cooperation, content, methods and effects of ESU and enhanced their responses in free-text comments. The questionnaire was based on the statewide, standardized procedures of the ESU.

Results In step 1, a median number of 2091 children were examined per HA. In step 2, the median number of children was 192. Staff resources were rated as insufficient by some HAs. ESU was rated as indispensable or helpful by most HAs. Much emphasis was placed on communication with parents and kindergarten teachers. ESU was performed completely or largely in accordance with the state-wide standards. Some changes in developmental screening were desired. Ratings of kindergarten teachers and parental questionnaires were regarded as helpful. According to HA estimates, about 20% of children suffer from health or developmental problems that are relevant to success in school, especially language problems. Information on developmental interventions following ESU is often missing.

Conclusion According to HAs, conducting step 1 of the ESU earlier, i. e. in the second-to-last year of kindergarten, has been a success and this change is well accepted. It seems sensible to further refine ESU screening methods and questionnaires. Feedback on developmental interventions following ESU should be the rule. Step 2 of the ESU in the last year of kindergarten should focus on children with special needs and their parents and teachers.

 
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