PPH 2018; 24(01): 49
DOI: 10.1055/s-0043-121788
Rund um die Psychiatrie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Küttner S, Wüller J, Pastrana T. How much psychological distress is experienced at home by patients with palliative care needs in Germany? A cross-sectional study using the Distress Thermometer. Palliative and Supportive Care 2017; 15: 205–213. DOI:10.1017/S1478951516000560

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
24. Januar 2018 (online)

Hintergrund: Psychosozialer Stress beeinflusst den Gemütszustand und kann zu einer seelischen Belastung führen. Dadurch werden das Fühlen, Denken und Handeln beeinflusst. Menschen in der finalen Lebensphase leiden oftmals unter diesem Phänomen.

Die meisten Menschen in Deutschland wünschen sich, im Krankheitsfall zu Hause gepflegt zu werden und dort zu sterben. Dies führt zu der Fragestellung, welche typischen Probleme hinsichtlich der Lebensqualität auftreten.

Das Distress Thermometer (DT) ist ein Screening-Instrument zur Messung von psychosozialem Stress basierend auf einer Selbsteinschätzung für Menschen mit einer Krebserkrankung.

Diese Studie erforschte das Auftreten von psychosozialem Stress während der palliativen Pflege im häuslichen Umfeld und die damit verbundenen Einflussfaktoren. Zudem wird die Anwendung des Distress Thermometers als Messinstrument für psychosozialen Stress in der palliativen Pflege untersucht.

Methode: An der 15 Monate andauernden Studie nahmen 103 Menschen teil, die zu Hause palliativ versorgt wurden. Mit dem Stichprobenumfang wurde das Konfidenzintervall von 95 Prozent erreicht.

Bei einem persönlichen Besuch wurden zunächst medizinische, soziale und demografische Daten erhoben. Anschließend wurden den Probanden das Distress Thermometer, eine Übersichtsliste sowie ein strukturierter Fragebogen erklärt, damit sie die Instrumente selbst anwenden konnten. Die Übersichtsliste beinhaltet 38 typische auftretende Probleme bei Krebspatienten.

Ergebnis: Ungefähr 90 Prozent der palliativ versorgten Menschen wiesen psychosozialen Stress auf (Distress Thermometer mit bisherigen Cut-off-Kriterien). Diese Rate ist höher als bei bisherigen vergleichbaren Studien. Die häufigsten genannten Probleme traten im emotionalen und physischen Bereich auf.

Es wurde jedoch keine Korrelation zwischen dem psychosozialen Stresslevel und den sozialen, demografischen oder medizinischen Faktoren gefunden. Das Alter, die Familiensituation und die Überlebenszeit stehen ebenfalls statistisch nicht in Verbindung mit dem psychosozialen Stresslevel.

Die Forscher empfehlen die vertiefende Forschung des Phänomens sowie eine Fachdiskussion zur Anpassung der Cut-off-Kriterien für das Distress Thermometer in der Palliativen Pflege.

Fazit: Damit die komplexe palliative Versorgung in den eigenen vier Wänden gewährleistet werden kann, bedarf es neben einer intensiven Pflege auch der Unterstützung bei psychosozialen Problemen. Hierfür sollten neue Strukturen und Konzepte im Gesundheitswesen geschaffen werden.

Jörg Kußmaul