Fortschr Neurol Psychiatr 2017; 85(11): 655
DOI: 10.1055/s-0043-119849
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medienforschung zu Suizid – Auswege aufzeigen


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Publication Date:
22 November 2017 (online)

Berichte und Sendungen über Suizide können Nachahmungseffekte auslösen, was als „Werther-Effekt“ bezeichnet wird. Doch auch der umgekehrte Fall ist möglich: Medieninhalte können Betroffenen helfen und dadurch präventiv wirken, wofür die Bezeichnung „Papageno-Effekt“ verwendet wird. Ein aktuelles Beispiel für möglicherweise negative Konsequenzen liefert die aktuelle Serie „Tote Mädchen lügen nicht“ („13 Reasons Why“) auf Netflix, die vom Suizid einer 17-Jährigen handelt und in 13 Folgen vermeintliche Ursachen dafür anbietet. Suizidexperten haben u. a. eine minutenlange detaillierte Darstellung des Suizidaktes in dieser Serie kritisiert. Laut Experten kommt es auf den Inhalt an, also auf das ‚Wie‘ der Darstellung. Wenn die erfolgreiche Bewältigung von Krisen im Vordergrund steht, kann das Betroffenen helfen, suizidale Krisen zu überwinden.


Anlässlich des „World Suicide Prevention Day“, der jährlich am 10. September stattfindet, weisen die Suizidforscher auf mehrere Ansätze hin, wie die Rolle der Medien im Rahmen der Suizidprävention verbessert werden kann. Das betrifft sowohl die Art der Darstellung von Suiziden, etwa in Nachrichten, Filmen und Serien, als auch die Verbreitung von Information über Hilfsangebote wie z. B. die Telefonseelsorge. Für die Presse gibt es bereits Empfehlungen, worauf bei der Berichterstattung über Suizide geachtet werden soll. Aber auch die Unterhaltungsindustrie sollte stärker in die Pflicht genommen werden. Nötig sind Richtlinien, die bestimmen, worauf bei der Darstellung von Suiziden geachtet werden sollte. Dazu könnten z. B. Testvorführungen und die Konsultation von Experten gehören.


Welche Auswirkung Berichte über Suizide haben können, zeigen etwa auch die Stichwort-Eingaben in Online-Suchmaschinen. Unmittelbar nach dem Suizid des Schauspielers Robin Williams, über den Medien intensiv berichteten, wurden z. B. Wörter wie „hanging“ und „commit suicide“ überdurchschnittlich oft bei Google eingegeben. Daher sollten auch die Betreiber von Suchmaschinen im Internet den Forschern zufolge noch mehr für die Suizidprävention tun: Onlinenutzer, die bestimmte Stichwörter eingeben, sollten noch stärker auf Hilfsangebote hingewiesen werden.


Nach einer Pressemitteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München