Fortschr Neurol Psychiatr 2017; 85(12): 720-721
DOI: 10.1055/s-0043-119846
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fahrradfahren bringt Neuronen von Parkinson-Patienten in den richtigen Takt

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Publication Date:
06 December 2017 (online)

Patienten mit Morbus Parkinson leiden unter erheblichen Beeinträchtigungen beim Gehen, bis hin zum plötzlichen „Einfrieren“, dem sogenannten „Freezing of Gait (Gang)“. Sie trippeln dabei auf der Stelle und kommen keinen Meter mehr vorwärts. Die genaue Ursache für das „Einfrieren“ ist bisher weitgehend unbekannt. Verblüffend ist, dass die Patienten jedoch ohne Probleme weiterhin Fahrrad fahren können. In einer aktuellen Studie entdeckten Düsseldorfer Neurowissenschaftler in Kooperation mit Forschern der Universitäten Konstanz und Aarhus eine Art „Störsignal“, das bei Patienten ohne „Freezing“ nicht nachweisbar war.

Um dem unverstandenen Phänomen des „Freezing of Gait“ auf den Grund zu gehen, wurde die Gehirnaktivität von Parkinson-Patienten beim Gehen und beim Fahrradfahren untersucht. Dabei nutzten die Wissenschaftler die Möglichkeit, die Aktivität der Basalganglien abzuleiten. Diese tiefen Hirnstrukturen sind bei Parkinson-Patienten verändert, können normalerweise aber nicht direkt untersucht werden. Möglich wurde dies durch die Implantation von Elektroden zur therapeutischen Stimulation im Rahmen der sogenannten tiefen Hirnstimulation.

In der aktuellen Publikation konnte das Forscherteam zeigen, dass Fahrradfahren im Vergleich zum Gehen mit einer deutlicheren Unterdrückung pathologischer Signale in einem breiten Frequenzbereich einhergeht – dem sogenannten beta-Band von 13–35 Hz. Anders gesagt: Die Neuronen kommen in den betroffenen Hirnregionen durch das Fahrradfahren wieder in den richtigen Takt. Parkinson-Patienten mit „Freezing“ zeigen zwar ein ähnliches Muster wie die Patienten ohne „Freezing“, aber zusätzlich ein „Störsignal“ um 18 Hz. Dieses gehört vermutlich neurophysiologisch zur Parkinson-typischen Anfälligkeit für das „Einfrieren“. Wie dies in blockierten Bewegungen gipfelt und das ganze System doch noch aus dem Takt gerät, bleibt zu beantworten. Die Unterdrückung der abweichenden Aktivität der Basalganglien bietet jedoch nun einen zentralen Ansatzpunkt für zukünftige Therapien bei Parkinson-Patienten mit „Freezing of Gait“.

Nach einer Pressemitteilung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf