Fortschr Neurol Psychiatr 2017; 85(12): 718-719
DOI: 10.1055/s-0043-119843
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aktive Prothese verändert Hirnfunktionen nach Schlaganfall

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Publikationsdatum:
06. Dezember 2017 (online)

Tritt infolge eines Schlaganfalls eine Durchblutungsstörung im Gehirn auf, werden Nerven geschädigt. Viele Patienten leiden dann z. B. an einer Fußheberschwäche. Eine Orthese hilft den Patienten zwar die Sturzgefahr zu reduzieren, aber ihr Gangbild bleibt unrund.

Eine Alternative bieten sogenannte aktive Prothesen. Über ein Implantat unter der Haut, das meistens an der Ferse sitzt, wird eine koordinierte elektrische Stimulation ausgelöst. Es sendet elektrische Impulse an die entsprechenden Nervenzellen im Gehirn, und die Fußhebermuskulatur zieht sich wieder zusammen. Die Gehbewegungen der Patienten werden innerhalb weniger Wochen verbessert. Ein Team aus Neurologen, Neurochirurgen und Neurobiologen hat nun herausgefunden, wie sich Nervenzellen in der sensorischen Hirnrinde funktionell durch diese aktiven Prothesen neu organisieren und so die Beinbewegungen korrigieren.

Drei Monate nach der Implantation einer aktiven Prothese hatte sich das Gangbild bei allen 11 untersuchten Patienten deutlich verbessert. Bei etwa der Hälfte verschlechterten sich die Gehbewegungen allerdings sofort, wenn die Prothese nach dieser Zeit wieder ausgeschaltet wurde – vergleichbar mit dem Gangbild vor der Implantation. Bei den übrigen Patienten blieb das Gangbild auch bei ausgeschalteter Prothese stabil. In magnet-enzephalografischen Aufnahmen zeigte sich, dass der Einsatz der Prothese in den Gehirnen zu unterschiedlichen Veränderungen geführt hatte: Patienten mit nicht dauerhaften Gangbildverbesserungen zeigten innerhalb des 3-monatigen Studienverlaufs vorwiegend eine funktionelle Reorganisation der nicht vom Schlaganfall betroffenen Hirnhälfte. Im Gegensatz dazu fanden bei den Patienten mit stabiler Verbesserung im Laufen v. a. funktionelle Umorganisationsprozesse in der durch den Schlaganfall betroffenen Hirnhälfte statt.

Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sich durch das Gehen mit einer aktiven Prothese unterschiedliche Hirnfunktionen, auch Jahre nach einem Schlaganfall, reorganisieren – manchmal in der gesunden, manchmal in der betroffenen Hirnhälfte. Durch die Erkenntnis, wie und wo sich das Gehirn durch den Einsatz einer aktiven Prothese verändert, können Bewegungsstörungen mit einer Fußheberschwäche besser behandelt werden. Außerdem können Hilfsmittel und Reha-Maßnahmen passgenauer für die Betroffenen abgestimmt werden.

Nach einer Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Neurobiologie