Laryngorhinootologie 2017; 96(11): 808-809
DOI: 10.1055/s-0043-119804
Facharztfragen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fragen für die Facharztprüfung


Subject Editor: Prof. Dr. med. Randolf Riemann und Dr. med. Gerlind Schneider
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Publication Date:
13 November 2017 (online)

Innenohr, Gleichgewichtssinn und Otobasis

Sprechen Sie über Thromboseprophylaxe bei HNO-chirurgischen Eingriffen!

Antwort: Die aktuelle Leitlinie zur Thromboseprophylaxe empfiehlt als Leitsätze: „Bei allen Patienten mit operativen Eingriffen, Verletzungen oder akuten Erkrankungen soll das Risiko venöser Thrombembolien bedacht werden. Die Indikationsstellung zur Thromboseprophylaxe soll individuell und risikoadaptiert erfolgen.“

Die Einschätzung des Thromboserisikos erfolgt anamnestisch und je nach Erkrankung und Schweregrad. Hilfreich sind Screeningfragebögen, die je nach Punktescore eine Einteilung in hohes, mittleres oder geringeres Thrombembolierisiko mit daraus resultierenden Prophylaxemaßnahmen ermöglichen. Hohe Risikofaktoren (je 3 Punkte) sind zum Beispiel: maligne Erkrankung und invasive Operation, frühere tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie, großer operativer Eingriff (Dauer < 4h), dauerhafte Immobilität, Vorhofflimmern, akute schwere Infektion, Sepsis. Geringe bis mittlere Risikofaktoren (je 1 Punkt) sind zum Beispiel: operativer invasiver Eingriff in Narkose, schwere COPD, Herzinsuffizienz (NYHA III/IV), Z. n. Herzinfarkt, Lebensalter > 50J., Thrombosen und Embolien bei Verwandten 1. Grades, Übergewicht (BMI > 30), ausgeprägte Krampfadern, hormonelle Kontrazeption, akute Infektion mit weitgehender Immobilisation.

Aus der Summe der jeweiligen Risikofaktoren ergeben sich die Maßnahmen der Thromboseprophylaxe: 0–1 Punkte = ausschließlich Frühmobilisation; 2 Punkte = medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe; 3 Punkte und mehr = medikamentöse Thromboseprophylaxe.

Die Frühmobilisation nach Ende der Überwachungsphase am Operationstag sollte wenn möglich immer erste Maßnahme der Thromboseprophylaxe unabhängig vom Thromboserisiko sein. Dies sollte schon im präoperativen Pflegegespräch thematisiert werden.

Kontraindikationen für Thromboseprophylaxestrümpfe sind kritische periphere arterielle Durchblutungsstörungen, schwere Neuropathien, ausgeprägte periphere Ödeme, lokale Infekte, Nekrosen oder Verletzungen der unteren Extremität. Liegen Kontraindikationen vor, erfolgt immer die medikamentöse Thromboseprophylaxe. Thromboseprophylaxestrümpfe sind zusätzlich zur medikamentösen Thromboseprophylaxe indiziert bei ausgeprägter Varikosis und Z. n. tiefer Beinvenenthrombose.

Die medikamentöse Thromboseprophylaxe erfolgt mit niedermolekularem Heparin. Je nach Vorliegen der Risikofaktoren erfolgt eine Dosisanpassung. Bei ausschließlichem Vorliegen von Risikofaktoren mit geringem bis mittlerem Risiko erfolgt die Dosierung mit 3000 IE sc. 1 × täglich für die Dauer der Immobilisierung. Bei Vorliegen von Hoch-Risikofaktoren erfolgt die Gabe von 8000 IE sc. 1–2 × täglich. Dosisanpassungen sind notwendig an sehr hohes oder sehr niedriges Körpergewicht und bei Niereninsuffizienz. Bei schwerer Niereninsuffizienz sind niedermolekulare Heparine kontraindiziert.

Beispielindikationen für Standard-Prophylaxe (1 × 3000 IE): maligne Tumorerkrankung im HNO-Bereich ohne weitere Risikofaktoren, Z. n. Venenthrombose oder Lungenembolie > 12 Monate, isoliertes Vorhofflimmern ohne Begleiterkrankungen, bikuspidale Aortenkunstklappe oder Bioklappe ohne Begleiterkrankungen.

Beispielindikation für hohes Risiko (1 × 8000 IE): maligne Tumorerkrankung im HNO-Bereich plus weitere Risikofaktoren oder plus MTS in Lunge und/oder Abdomen, Z. n. Venenthrombose oder Lungenembolie in den letzten 3–12 Monaten, Vorhofflimmern mit Herzinfarkt oder Insult > 3 Monate, bikuspidale Aortenkunstklappe oder Bioklappe und Z. n. Herzinfarkt oder Insult.

Beispielindikation für höchstes Risiko (2 × 8000 IE): maligne Tumorerkrankung im HNO-Bereich plus weitere Risikofaktoren oder plus MTS in Lunge und/oder Abdomen, Z. n. Venenthrombose oder Lungenembolie in den letzten 3 Monaten, Vorhofflimmern mit Herzinfarkt oder Insult in den letzten 3 Monaten, Mitralkunstklappe, nicht-bikuspidale Aortenkunstklappe oder rheumatische Klappenerkrankungen.