PPH 2017; 23(06): 309
DOI: 10.1055/s-0043-119390
Rund um die Psychiatrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Zuromski KL, Cero I, Witte TK, Zeng P. The Quadratic Relationship Between Body Mass Index and Suicide Ideation: A Nonlinear Analysis of Indirect Effects. Suicide and Life-Threatening Behavior 2017; 47 (2): 155–167. DOI: 10.1111/sltb.12270

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Publication Date:
21 November 2017 (online)

Hintergrund: Im Fachdiskurs und in Forschungsarbeiten wird Übergewicht als ein Gefährdungsfaktor für suizidales Verhalten vermehrt diskutiert, obwohl die genauen Umstände noch nicht erforscht sind. Die Verbindung zwischen Gefährdungsfaktor und Suizidgedanken wird dabei als komplex angenommen.

Die Studie beschäftigt sich mit diesem Phänomen, basierend auf der Interpersonal-Psychological Theory of Suicide (Theorie, dass eine Person erst dann den Suizid erfährt, wenn die Sehnsucht und die Fähigkeit, diesen zu verüben, gleichzeitig gegeben sind). Die Hypothese dabei ist, dass es einen signifikanten indirekten Effekt des BMI (Body Mass Index) hinsichtlich Suizidgedanken, verbunden mit den Gefühlen Selbsthass, Einsamkeit und Isolation, gibt.

Methode: Für das Auswahlverfahren zur Studienteilname wurden Interessierte aus einem universitären Psychologiekurs in den USA mit einem Online-Fragebogen zu ihrem derzeitigen Essverhalten befragt. Insgesamt wurden 338 Studenten zur Studie zugelassen. Die Probanden mit einer in der jüngeren Vergangenheit festgestellten Essstörung wurden dabei bewusst vermehrt ausgewählt.

Für die Datengewinnung wurden neben Größe und Gewicht der Teilnehmer folgende Messinstrumente angewendet:

der Interpersonal Needs Questionnaire (zur Messung von Selbsthass, Einsamkeit und Isolation),

der Eating Disorder Examination Questionnaire (Selbstreport über das Essverhalten in den letzten 28 Tagen),

die Beck Scale for Suicide Ideation (zur Beurteilung von Suizidgedanken),

die Center for Epidemiological Studies Depression Scale (zur Feststellung von erlebten depressiven Symptome aus der vergangen Woche).

Ergebnis: Es wird ein signifikanter Effekt des BMI hinsichtlich Suizidgedanken verbunden mit Gefühlen, Selbsthass, Einsamkeit und Isolation festgestellt, wenn der BMI höher ist als 28 und überraschenderweise auch niedriger als 18.

Fazit: Die Erkenntnis über den Gefährdungsfaktor Über- und Untergewicht in Bezug auf Suizidgedanken ermöglicht es, diesen in gesundheitsbezogenen Suizid-Screening-Instrumenten anzuwenden und bietet einen neuen Ansatz für Langzeitstudien.

Jörg Kußmaul