Laryngorhinootologie 2017; 96(10): 675
DOI: 10.1055/s-0043-119254
Erwiderung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antwort auf den Leserbrief von Schaaf/Hesse zum Artikel „Die Behandlung des M. Menière mit Betahistin: Kritische Anmerkungen zur BEMED-Studie“ (Laryngo-Rhino-Otol 2017; 96 (08): 519–521)

A. Ernst
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. Oktober 2017 (online)

Wir bedanken uns bei den Kollegen Hesse und Schaaf für das Interesse an unserer Arbeit.

Die ersten, weitgehend polemischen Abschnitte des Leserbriefes (im Stil von „BILD Dir Deine Meinung“) sollen nicht näher beleuchtet werden, hier sollte der interessierte Leser entscheiden.

Im Einzelnen muss aber auf einige wichtige Punkte eingegangen werden, die das tiefe Unverständnis im o. g. Leserbrief für unseren Diskussionsbeitrag deutlich machen, der als Zusammenfassung eines Rundtischgespräches beim diesjährigen Deutschen HNO-Kongress in Erfurt für die Zeitschrift LRO zusammengestellt wurde.

Anlässlich dieses Rundtischgespräches wurde von allen Referenten zuerst eine Stellungnahme zu potenziellen Interessenkonflikten abgegeben. Das Rundtischgespräch hat vor allem auf die unkritische Rekrutierungspraxis in der BEMED-Studie abgehoben und damit die – von den Autoren der BEMED-Studie – nicht berücksichtigten Hinweise der renommierten Reviewer der Veröffentlichung aufgegriffen. So wurden Patienten mit anderen, menieriformen Symptomen aus dem Migränenformenkreis (18 % aller rekrutierten Patienten) und mit Autoimmunerkrankungen (30 % der Patienten) eingeschlossen. Auch hier greift der wie ein Allgemeinplatz sich lesende Hinweis von Schaaf/Hesse ins Leere, dass (sie) „inhaltlich … auch … bereits im Vorfeld (gibt es dafür einen Beleg in Form einer Veröffentlichung?) auf problematische Aspekte bei der referierten BEMED-Studie hingewiesen (haben). Das betrifft vor allem die Differenzierung gegenüber der Migräne (siehe oben), dem psychogenen Schwindel, dem Lagerungsschwindel oder jeder anderen Form des vom Patienten berichteten Schwindels“ (von den letzten drei Formen ist weder in der BEMED-Studie selbst, noch in unserer Veröffentlichung oder in den Hinweisen der Reviewer die Rede).

Selbstreferentiell wird der Leserbrief dann, wenn er konstatiert, dass „… diese Probleme schlechter Differenzierung treffen aber leider für die allermeisten Studien zu und wurden kaum bemängelt …“. So haben Schaaf und Hesse in ihrer letzten Veröffentlichung über Patienten mit „langanhaltendem Schwindel“ schon klug festgestellt, dass „… patients who experience chronic dizziness are considered to be difficult to treat“ (Eur Arch ORL 2015; 272:1529–35).

Der Hinweis am Ende unseres Artikels, dass Betahistin ein seit Jahrzehnten bewährtes Medikament ist, stützte sich auf die Ergebnisse eines Cochrane-Reviews (der 17 Studien mit 1025 Patienten umfasst) aus dem Jahr 2016 (Zitat #11 unserer Literaturliste) und – die letzte veröffentlichte – Metaanalyse zu Betahistin beim M. Menière, die 12 doppelblinde, placebokontrollierte Studien beinhaltet (Zitat #12 unserer Literaturliste).

Der wohlmeinende Hinweis der Leserbriefschreiber, dass eine „pharmaunabhängige Forschung auch in der HNO Gehör findet“ ist vollständig absurd angesichts der Vielzahl an Veröffentlichungen zum M. Menière. In PubMed sind bei Eingabe des Stichwortes „M. Menière“ von 2015–17 insgesamt 341 Arbeiten aufgeführt, wobei sich 19 (!) mit Medikamentengaben (davon 6 x Gentamycin, 10 x Dexamethason), also nur 3 Arbeiten mit anderen Stoffklassen, befassen.

Dass der (in der Selbstbezeichnung, vgl. http://www.tinnitus-klinik.net/ueberuns/klinikleitung/) „Arzt und Psychotherapeut“ Schaaf und der sich seit Jahrzehnten mit Tinnitus befassende Kollege Hesse – der auch wirklich HNO-Arzt ist – sich zu einer derart haltlosen und emotionsgeladenen, aber wenig substantiellen Polemik haben hinreißen lassen, trägt zur Versachlichung der Diskussion um die Behandlung der Menière’schen Erkrankung wenig bei.