Gesundheitswesen 2018; 80(10): 923-926
DOI: 10.1055/s-0043-119088
Zur Diskussion
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Globale Gesundheitspolitik ist mehr als Gefahrenabwehr

Global Health Comprises More than Health Security: Discussion
Jens Holst
1   Fachbereich Pflege und Gesundheit, Hochschule Fulda, Fulda
,
Oliver Razum
2   Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Bielefeld
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Publication Date:
25 October 2017 (online)

Zusammenfassung

Globale Gesundheit steht zunehmend auf der internationalen politischen Tagesordnung und wird zum Thema bei länderübergreifenden Foren wie den G7- und G20-Gipfeltreffen. Dieser Trend ist ebenso überfällig wie begrüßenswert, auch wenn Reichweite und Inhalte der Diskussion eher beschränkt bleiben. Um die Gesundheit der Menschen weltweit zu erhalten und zu verbessern, erfordert globale öffentliche Gesundheitsfürsorge ein koordiniertes und kohärentes Vorgehen. Die Fähigkeit zum Umgang mit Epidemien ist sicherlich notwendig, betrifft aber nur einen kleinen Ausschnitt von globaler Gesundheit und wird solange unzureichend bleiben, wie die sozialen und gesundheitssystembedingten Ursachen fortbestehen. Die One-Health-Strategie ist ein wichtiger Ansatz im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen. Ohne Lösung der entscheidenden ökonomischen Determinanten wird sich das Problem aber nicht überwinden lassen. Gesundheitssystemstärkung, das dritte größere globale Gesundheitsthema, erfordert eine tragfähige Mischung ausreichender Finanzierung, Infrastruktur, Fachkräften und gesellschaftlichen Faktoren, um den Zugang zu Gesundheit auf alle Menschen auszuweiten. Alle beabsichtigten und wünschenswerten Verbesserungen der globalen Gesundheit erfordern komplexe Querschnittsansätze, wenn sie wirksam und nachhaltig sein sollen; die bisher von den politischen Entscheidungsträger*innen vorgelegten Schritte sind eher klein und gehen nicht die wesentlichen Ursachen an. Globale Gesundheit muss mehr sein als das Herumflicken an Symptomen.

Abstract

Global health is increasingly present on the international policy agenda and in transnational fora such as the G7 and G20 summits. This trend is as overdue as it is desirable, but the scope and content of the discussion remain rather limited. For safeguarding and improving people’s health all over the world, global public health requires coordinated and coherent action. Epidemic preparedness is certainly necessary but refers only to a small segment of global health and will remain insufficient as long as the social and health-system-related causes persist. “One Health” is an important strategy for fighting antimicrobial resistance but without overcoming crucial economic determinants, it will be impossible to solve the problem. Health systems strengthening, the third major field of global health, requires a sound mix of adequate financing, infrastructure, human resources and societal factors for expanding access to health for all. All proposed and desired improvements in global health need complex crosscutting approaches for being effective and sustainable; however, the steps taken by political decision-makers are rather small and do not address essential causes. Global public health means more than tinkering with the symptoms.