Z Gastroenterol 2017; 55(09): 959
DOI: 10.1055/s-0043-117762
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Editorial - Was passiert nach dem 24. September?

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Publication Date:
12 September 2017 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Sie wissen mehr als ich: Wenn Sie das lesen, dann ist die Bundestagswahl vorbei; ich schreibe diesen Text einige Wochen vor der Wahl. Die Wahlprogramme der Parteien sind seit langem geschrieben. Im Gesundheitssektor war das Wahlkampfthema für Rot-Grün die Bürgerversicherung, die Linke will den gleichen Weg gehen. Kernpunkt ist das immer wieder aufgeworfene Argument der „Zweiklassenmedizin“. Inwiefern durch eine Bürgerversicherung eine Verbesserung der Versorgung erreicht werden kann, bleiben die Parteien schuldig. Lediglich das „Gleichmachen“ ist politisch attraktiv. Interessant ist, dass die Option einer privaten Zusatzversicherung bestehen bleibt. Inwiefern dieses dem Konzept des „Gleichmachens“ entgegensteht, wird nicht weiter diskutiert.

CDU und FDP sehen in dem bestehenden und seit Jahren bewährten Konzept die Zukunft. Die FDP geht sogar noch einen Schritt weiter und möchte mehr Wettbewerb der Kassen im System. So sollten auch die gesetzlichen Kassen die Budgetmedizin abschaffen und dafür ein Kostenerstattungsprinzip einführen. Die Attraktivität der Kasse würde dann durch die eventuell zu erhebenden Zusatzbeiträge definiert. AFD und Piraten hatten zur Bürgerversicherung keine eindeutige Meinung aufgeführt. Die Umsetzung einer Bürgerversicherung ist ebenfalls umstritten. Somit scheint hier schwarz-gelb ein klareres Konzept zu formulieren.

Der SpiFa hat in den letzten Monaten den Parteien ausgewählte Fragen zu ihrem Programm geschickt und hier interessante Antworten erhalten, allerdings hatte die SPD nicht geantwortet. Kernthemen waren natürlich die Finanzierbarkeit, die intersektorale Zusammenarbeit und der demografische Wandel.

Zum Thema Freiberuflichkeit und Niederlassungsfreiheit wählt die CDU das bestehende System und stärkt den Kassenärztlichen Vereinigungen den Rücken. Die Grünen und Linken definieren die Freiberuflichkeit als Entscheidung ohne ökonomischen Zwang, ansonsten wird aber ein staatlich gelenktes System favorisiert. Aus der Sicht eines freiberuflich niedergelassenen Arztes entspricht diese Definition nur noch sehr eingeschränkt einem freien Beruf.

Den weitesten Eingriff wagt die FDP, die sich explizit für die Stärkung der unternehmerischen Freiberuflichkeit und Abschaffung der Budgetierung ausspricht. Eine Abschaffung der Budgetierung wäre für die Grünen allenfalls noch im hausärztlichen Sektor denkbar, im fachärztlichen Bereich allerdings nicht. Das Votum der Parteien zur Weiterentwicklung der GOÄ entspricht selbstverständlich der Sichtweise zur Bürgerversicherung.

Ein weiterer Punkt ist die Bewertung der Eigenverantwortung der Patienten. Auch hier ziehen CDU und FDP an einem Strang. Beide Parteien wollen das Verantwortungsbewusstsein für das individuelle Verhalten stärken. Aus verständlichen Gründen wird hier aber das Thema einer Praxisgebühr, welche einmal abgeschafft auch auf Dauer sich nicht mehr etablieren wird, vermieden. Für die FDP wäre ein Wechsel zwischen PKV und GKV eine Möglichkeit, mehr Ökonomie in das System zu bringen. Allerdings müsste dieser Wechsel ohne Nachteile zu gewährleisten sein (Mitnahme der Altersrückstellung, Versicherung in einem angemessenen Basistarif etc.).

Es wird also spannend, welche gesundheitspolitischen Vorhaben und Pläne eine regierungsfähige Koalition in ihre Koalitionsvereinbarung übernimmt und wie die Gesundheitslandschaft in der nun beginnenden Legislaturperiode aussehen wird.

Der bng wird sich weiterhin für Qualität in der Medizin und insbesondere Freiberuflichkeit der Ärzte – als Motor einer qualitativ hochwertigen Medizin – verwenden. Ein Beispiel ist die Einführung eines Qualitätssiegels für die Kapselendoskopie, welche nun das Qualitätssiegel einer CED-Schwerpunktpraxis oder hepatologischen Schwerpunktpraxis ergänzt. Beide haben sich bereits in zahlreichen Selektivverträgen bewährt.